Der Boom in Chinas Automarkt bröckelt: Nach dem Wegfall vieler Förderungen bricht selbst bei Branchengrößen wie BYD der Absatz ein. Doch statt abzuwarten, reagiert der Konzern mit einem aggressiven Expansionskurs in Europa und einer klaren Strategie für den Neustart außerhalb des Heimatmarkts.
Nach zweistelligen Wachstumsraten verlangsamt sich das Tempo, in dem der chinesische Automarkt wächst, spürbar. Im Oktober legten die Pkw-Verkäufe laut Branchenverband nur noch um rund 4,4 Prozent zu. Noch im September waren es über elf Prozent. Besonders hart trifft es die E-Autobauer. BYD etwa meldete ein Absatzminus von fast zwölf Prozent. Der Grund liegt in einer Kombination aus auslaufenden Förderprogrammen, gesenkten Subventionen und einem gnadenlosen Preiskampf mit Herstellern wie Geely, XPeng und Leapmotor.
Doch BYD reagiert bereits und verlagert den Fokus. Statt sich im Preiskrieg zu verausgaben, drückt der Weltmarktführer für Elektro- und Plug-in-Hybride beim Export aufs Gas. Die Ausfuhren chinesischer Stromer haben sich binnen eines Jahres auf etwa 250.000 Einheiten verdoppelt. Europa wird dabei zum wichtigsten Zielmarkt.
Fahrplan für Ungarn-Werk steht
Jüngst kündigte Vizepräsidentin Stella Li auf einem Presseevent an, dass die erste europäische Fabrik in Ungarn Ende des Jahres mit dem Maschinenaufbau beginnt. Die Testproduktion läuft im Q1 2026, die Serienfertigung Q2 2026 an. Zwar seien die Kosten höher als in China, doch Li betont den strategischen Wert: „Diese Investition ist fundamental, um eine vertrauenswürdige Marke in Europa aufzubauen.“ Weitere Werke in Europa sollen folgen. Neben der bereits beschlossenen Fabrik in der Türkei brachte der Autobauer zuletzt Spanien als dritten Fertigungsstandort ins Spiel.
Parallel richtet BYD auch Forschung und Entwicklung internationaler aus. Teams in Europa, Lateinamerika und dem Nahen Osten sollen Modelle und Technologien an lokale Märkte anpassen. Der Erfolg ist sichtbar: In Deutschland verkaufte der Konzern zuletzt viermal so viele Autos wie Tesla, in Großbritannien fast siebenmal so viele.
Mit der Premiumtochter Denza und der Luxusmarke Yangwang wagt BYD zudem den Sprung ins obere Segment. Die Limousine Denza Z9 GT soll als Alternative zu Porsche Taycan und BMW i5 antreten. Ein Erfolg im Premiumsegment wäre ein Statement. Bisher haben sich ausländische Hersteller vor allem beim Sprung in diese Preisklasse an den deutschen Herstellern die Zähne ausgebissen.
Die BYD-Aktie hat sich zuletzt wieder etwas gefangen. Die Strategie, auf die internationalen Märkte zu setzen, ergibt angesichts des harten Konkurrenzkampfs in China Sinn und dürfte langfristig für Wachstum sorgen. Vor einem Einstieg warten Anleger aber ein klares Kaufsignal ab.
11.11.2025, 13:40