Überall Amazon – für viele Menschen ist ein Leben ohne den Bezos-Konzern kaum noch vorstellbar. Klar, dass da die Zahlen des Konzerns galaktisch ausfallen müssen. Taten sie aber nicht. Und jetzt?
Das Gute vorweg: Amazon wird immer profitabler. Der E-Commerce-Pionier hat im dritten Quartal einen Rekordgewinn von 2,9 Milliarden Dollar verbucht. Das Ergebnis je Aktie von 5,75 Dollar lag weit über den Analystenschätzungen von 3,14 Dollar.
Doch ein Gigant wie Amazon muss auf der ganzen Linie überzeugen. Und das tat der Konzern am Donnerstag nicht. Der Umsatz blieb mit 56,6 Milliarden Dollar hinter den Erwartungen von 57,1 Milliarden.
Was aber noch mehr zu denken gibt, ist der Ausblick: Finanzchef Brian Olsavsky betonte zwar, man erwarte ein „starkes Weihnachtsgeschäft“. Doch eine Umsatzprognose zwischen 66,5 Milliarden und 72,5 Milliarden Dollar ist für Amazon nichts Berauschendes. Die Analysten hatten mit 73, 9 Milliarden Dollar gerechnet.
Cloud wächst immens
“Wenn man mit einem KGV von 70 bewertet wird, braucht es nicht viel, damit die Aktie durchgeschüttelt wird”, fasst es George Salmon, Analyst bei Hargreaves Lansdown, treffend zusammen. „Schwaches Umsatzwachstum springt bei Amazon nun mal sofort ins Auge.“
War’s das jetzt erst mal mit der „Superstory Amazon“? Fakt ist: Der Chart ist angeschlagen. Nach den Zahlen ist die Aktie von Amazon um über fünf Prozent eingebrochen – der Kampf um die 200-Tage-Linie läuft. Wird diese bedeutende Unterstützung gebrochen, droht ein Absturz bis auf 1.350 Dollar. Seit dem Hoch von vor vier Wochen wäre das ein Verlust von 33 Prozent!
Für Langfrist-Anleger wäre das eine willkommene Gelegenheit, die vielleicht so schnell nicht wiederkommt. Auch wenn das Umsatzwachstum hin und wieder mal die Erwartungen verfehlt: Amazon bietet auf mittlere und lange Sicht noch sehr viel Kursfantasie. So hat sich die AWS-Sparte im dritten Quartal wieder stark entwickelt.
Der Bedarf an Cloud-Diensten ist immens – und wird weiter stark steigen. Die Marktforscher von Gartner erwarten, dass der Umsatz mit Cloud-Computing bis 2021 auf 278 Milliarden Dollar zulegen wird. 2010 waren es gerade einmal 43 Milliarden.
Umsatz mit Cloud-Diensten weltweit (Branche)
Fashion – Multi-Milliarden-Markt
Kursfantasie ergibt sich auch durch Geschäftsbereiche, in denen Amazon noch gar nicht oder nicht besonders stark vertreten ist. Etwa im Modehandel. Hier will Bezos nun aber Gas geben und den Konkurrenten wie Zalando oder Asos nicht das Feld überlassen. In London hat Amazon nun einen Fashion-Shop eröffnet. Etliche weitere sollten folgen.
Der Modehandel wächst enorm. Allein die Amerikaner werden im Jahr 2022 voraussichtlich 140 Milliarden Dollar für Kleidung, Schuhe und Accessoires ausgeben. 2016 waren es lediglich 84 Milliarden Dollar.
Da geht noch mehr – bald!
Kurzfristig holprig, langfristig mit bemerkenswerter Kursfantasie – so lässt sich unsere Einschätzung mit wenigen Worten zusammenfassen. Wer investiert ist, beachtet den Stoppkurs bei 1.400 Dollar.