In einem heute ohnehin schwächelnden Gesamtmarkt gerät die Amazon-Aktie im US-Handel spürbar unter Druck. Rund drei Prozent beträgt das Minus. Belastend wirken gleich mehrere Faktoren: ein neues Verfahren der US-Behörden, Probleme im Einzelhandel und obendrein noch ein charttechnisches Verkaufssignal.
Am Marktumfeld liegt es nicht allein. Zwar drehten die großen Indizes an der Wall Street nach der Rede von Fed-Chef Jerome Powell ins Minus. Doch Amazon sticht negativ hervor. Der Kurs fiel unter die 50-Tage-Linie (verläuft derzeit bei etwa 227,70 Dollar) – ein Signal, das viele Trader als kurzfristig bärisch werten.
Der größte Brocken: In Seattle hat ein Geschworenenprozess begonnen. Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC wirft Amazon vor, Kunden beim Prime-Abo in die Irre geführt zu haben. Demnach sei der Abschluss extrem einfach, die Kündigung dagegen unnötig kompliziert. Laut FTC betrifft das bis zu 40 Millionen Nutzer. Intern soll das Unternehmen den Prozess zynisch „Ilias“ genannt haben – in Anspielung auf das endlose Epos von Homer.
Die Vorwürfe sind schwer. „Millionen von Verbrauchern haben sich versehentlich für Prime angemeldet, ohne Wissen oder Zustimmung, aber Amazon weigerte sich, dieses bekannte Problem zu beheben“, heißt es in einem FTC-Dokument. Sollten die Juroren zu einer Verurteilung kommen, drohen Milliardenstrafen.
Läden geschlossen
Parallel muss Amazon Rückschläge im stationären Handel verdauen. In Großbritannien zieht sich der Konzern komplett aus seinen „Just Walk Out“-Läden zurück. Alle 19 verbliebenen Amazon-Fresh-Shops werden geschlossen. Rund 250 Jobs stehen auf der Kippe. Analysten sehen darin das Eingeständnis eines gescheiterten Experiments. „Sie waren interessante Läden, aber der Convenience-Markt ist in London extrem schwer zu knacken“, kommentierte Branchenexperte Sean Field laut The Times.
Zusätzlich wehrt sich Amazon juristisch gegen ein neues Arbeitsgesetz in New York. Das Unternehmen hat Klage eingereicht, um eine Verschärfung der Aufsicht durch die Behörden zu blockieren.
Für Amazon häufen sich die Baustellen. Das laufende FTC-Verfahren kann teuer werden, der Rückzug aus dem UK-Lebensmittelgeschäft kratzt am Image. Die Charttechnik liefert aktuell ein Warnsignal. Unterdessen macht auch Alibaba Druck (siehe weiterführende Beiträge). Trotzdem: Die 100- und 200-Tage-Linie als potenzielle Unterstützungen sind nicht weit entfernt. Und langfristig hat Amazon bislang noch so ziemlich jede Herausforderung gemeistert. DER AKTIONÄR bleibt daher cool – und dem Giganten, der im Depot mehr als 100 Prozent im Plus liegt, treu.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Aktien der Amazon befinden sich in einem Real-Depot der Börsenmedien AG.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Amazon.
23.09.2025, 21:31