Seit Jahrzehnten konkurrieren die beiden Flugzeug-Konzerne miteinander. In den vergangenen sechs Jahren hatte in puncto Bestellungen immer Airbus die Nase vorn. Das dürfte in diesem Jahr nicht gelingen. Doch Airbus-Chef Guillaume Faury bleibt optimistisch, in einem anderen Bereich zu gewinnen. Auch die Airbus-Aktie bleibt vorn.
Airbus-Chef Guillaume Faury räumte am Mittwoch im Radiosender France Inter ein, dass Boeing den diesjährigen Auftragswettstreit wohl gewinnen wird – erstmals seit sechs Jahren. Beflügelt insbesondere von der starken Nachfrage nach seinem Langstrecken-Jet 787 verzeichnete Boeing nach Stornierungen zwischen Januar und November insgesamt 908 Nettobestellungen, verglichen mit lediglich 700 für Airbus.
Faury verwies zudem auf die politische Unterstützung für Boeing durch den US-Präsidenten im Rahmen von Zollverhandlungen, was laut Analysten besonders in Asien zu taktisch platzierten Aufträgen geführt habe.
Auf die Frage nach Berichten über einen großen ausstehenden Auftrag aus China antwortete Faury, er erwarte keine unmittelbaren neuen Bestellungen über Hunderte von Jets, sprach aber von Freigaben für frühere Bestellungen. So gab Airbus bekannt, dass es die Zustimmung Chinas zur Auslieferung von 120 zuvor bestellten Jets erhalten habe.
Branchenquellen zufolge setzt Airbus auf einen Auftrag über bis zu 500 Jets aus China, um seine internen Auftragsziele zu erreichen. Peking verhandelt derzeit mit Boeing über ein ähnliches Paket. Angesichts der angespannten Handelsbeziehungen Chinas mit den Vereinigten Staaten und Europa gehen westliche Analysten davon aus, dass das Land ein ausgewogenes Verhältnis bei den Flugzeugimporten beibehalten wird.
Auf die jüngsten Software-Probleme bei vielen Jets der A320-Familie angesprochen, sagte Faury, dass die Rückrufaktion abgeschlossen sei. Die Zahl der überprüften Jets lag bei 4.000, alle seien nun repariert worden, sagte er gegenüber France Inter.
Airbus dürfte jedoch aufgrund höherer Auslieferungen seinen Titel als weltweit größter Hersteller verteidigen. Boeing lieferte im November lediglich 44 neue Jets aus, nach 53 im Vormonat. Damit liegt Boeing hinter seinem europäischen Konkurrenten zurück, der 72 Flugzeuge auslieferte. Boeing gab zudem bekannt, dass im November 126 neue Bestellungen eintrafen. Darunter befanden sich 74 Bestellungen für das lange verzögerte Großraumflugzeug 777X, das 2027 in Dienst gestellt werden soll – sieben Jahre später als geplant.
Ein Vergleich der beiden Aktien seit Jahresanfang zeigt einen weitgehend parallelen Kursverlauf bis September. Dann blieb Boeing aufgrund magerer Auslieferungszahlen und neuer Verzögerungen bei der 777X zurück (DER AKTIONÄR berichtete), bevor die sich Schere in den vergangenen Tagen wegen der Software-Probleme bei Airbus wieder etwas schloss.
Die US-Bank JPMorgan hat das Kursziel für Airbus gerade von 240 auf 255 Euro angehoben und die Einstufung auf "Overweight" belassen. David Perry sieht die jüngste Branchenrotation heraus aus den zuvor so starken zivilen Luftfahrt-, aber vor allem Rüstungswerten als Einstiegschance. Die fundamentale Ausgangslage bleibe enorm stark, schrieb er in seinem Ausblick vom Dienstagabend.
Perry erwartet in beiden Sektoren in den kommenden fünf Jahren Ergebnissteigerungen zwischen 15 und 20 Prozent. MTU, Leonardo und Babcock drückte er den Stempel "Positive Catalyst Watch" auf, rechnet also kurzfristig mit positiven Treibern. Airbus steht bereits auf der "Analyst Focus List" mit den insgesamt besten Anlage-Ideen von JPMorgan. Perry erwartet 2026 noch mehr Dynamik bei den Auslieferungen.
Auch zu Boeing gab es eine positive Analysteneinschätzung. Die Schweizer Großbank UBS hat die Einstufung für Boeing nach den Auslieferungs- und Bestellzahlen für November mit einem Kursziel von 275 Dollar auf "Buy" belassen.
Beide Flugzeugbauer sind stark im zivilen, aber auch militärischen Flugzeugbau engagiert, beide verfügen über volle Auftragsbücher. Da Boeing immer noch mit den Nachwirkungen der Qualitätsprobleme in der Produktion zu kämpfen hat, bevorzugt DER AKTIONÄR nach wie vor die Airbus-Aktie. Neue Rekordkurse sollten nicht lange auf sich warten lassen.
Hinweis: Beide Unternehmen sind Mitglied im ebenfalls aussichtsreichen Weltraum Index. Anleger können daran per Index-Zertifikat partizipieren. Mehr zum Weltraum-Index gibt es hier.
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