Nach der ersten Zinssenkung seit fast einem Jahr stand Jerome Powell heute erneut im Fokus. Der Chef der US-Notenbank sprach vor der Handelskammer von Rhode Island – und machte deutlich, dass die Institution in einem schwierigen Spannungsfeld steckt. Eine einfache Lösung ist derzeit nicht in Sicht.
„Kurzfristig sind die Risiken für die Inflation nach oben gerichtet und die Risiken für Beschäftigung nach unten – eine herausfordernde Situation“, sagte Powell. „Zweiseitige Risiken bedeuten, dass es keinen risikofreien Weg gibt.“
Neue Hinweise für die nächste Sitzung im Oktober? Fehlanzeige. Powell ließ offen, ob er eine weitere Zinssenkung unterstützen wird. Er wiederholte lediglich, die jüngste Lockerung um 25 Basispunkte sei ein „Risikomanagement-Schritt“ gewesen – eine Reaktion auf die schwächelnde Jobdynamik.
Die Lage am Arbeitsmarkt bleibt heikel. Neue Stellen entstehen kaum noch, frühere Daten wurden nach unten revidiert. „Es gibt eine deutliche Verlangsamung sowohl beim Angebot als auch bei der Nachfrage nach Arbeitskräften – eine ungewöhnliche und schwierige Entwicklung.“
Eine Rolle spielt auch die verschärfte Einwanderungspolitik von Präsident Trump, die das Arbeitskräfteangebot zusätzlich drückt.
Parallel bleibt die Inflation ein Risiko. Vor allem neue Zölle könnten die Preise nach oben treiben. Powell sprach von einem „einmaligen Preisschub“, dessen volle Wirkung noch nicht absehbar sei. „Die tatsächlichen Effekte auf die Inflation sind bisher recht bescheiden.“
Für die Märkte kam die Rede zur Unzeit. Schon zuvor hatten die Indizes nachgegeben. Danach rutschten sie weiter ab: Der S&P 500 verlor 0,5 Prozent. An der Nasdaq ging es 0,7 Prozent nach unten. Der Dow Jones war im Plus gestartet, drehte aber zuletzt ins Minus.
Besonders hart traf es die KI-Schwergewichte. Nvidia sackte um mehr als zwei Prozent ab, Oracle sogar um vier Prozent. Anleger zweifeln offenbar erneut, ob der KI-Boom die Kurse nicht schon zu weit nach oben getrieben hat. Zumal Powell diese Diskussion verschärfte. „Aktienkurse sind nach vielen Maßstäben ziemlich hoch bewertet“, sagte er.
So geht es weiter
Innerhalb der Fed gehen die Meinungen auseinander. Manche rechnen noch mit zwei weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr. Andere warnen vor zu viel Lockerung, solange die Inflation über dem Zwei-Prozent-Ziel liegt.
Powell selbst betonte, die Notenbank müsse Kurs halten – auch gegen politische Angriffe. „Wir halten den Kopf unten und machen unseren Job“, sagte er. Dass Trump mit aller Macht Druck auf die Fed ausübt, die Zinsen stärker zu senken, macht die Lage zusätzlich brisant.
Powell bleibt vage, die Märkte reagieren nervös. Das gilt aber wohl nur kurzfristig. Mittel- bis langfristig hat die Fed die Richtung klar eingeschlagen: weg von der Bremsung, hin zur Lockerung. Ganz nüchtern betrachtet: Ein gelegentlicher Hauch von Korrektur ist völlig normal – auch und gerade, wenn die Kurse seit Monaten praktisch nur aufwärts laufen. Powells Rede dürfte für sich genommen kein Gamechanger sein.
23.09.2025, 19:55