Jahrelang galten sie als die treuesten Fans von Tesla und trieben mit ihren massiven Käufen die Aktie von Rekord zu Rekord. Doch nun scheint die Liebe der südkoreanischen Privatanleger zu Elon Musks E-Auto-Imperium merklich abzukühlen. Eine dramatische Kapitalflucht ist im Gange – und das Geld hat bereits ein neues, explosives Ziel im Visier: den Kryptomarkt.
Doch warum schaut die gesamte Finanzwelt so gebannt auf die Privatanleger aus Südkorea? Die Antwort liegt in ihrer enormen Marktmacht. Bekannt als „furchtlose“ Händler, agieren sie oft im Kollektiv und entwickeln so eine Wucht, die es mit institutionellen Investoren aufnehmen kann. Ihre jahrelange, unerschütterliche Treue zu Tesla hat sie weltberühmt gemacht und maßgeblich zu den Kursrallys der Vergangenheit beigetragen. Ihre Handelsentscheidungen gelten daher als Seismograf für die Stimmung unter Privatanlegern in ganz Asien und darüber hinaus. Wenn diese Gruppe geschlossen die Richtung wechselt, ist das ein unübersehbares Signal für den gesamten Markt.
Milliarden-Abverkauf bei Tesla
Und genau diese geballte Marktmacht bekommt nun ausgerechnet Tesla mit voller Wucht zu spüren. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein im August 2025 zogen koreanische Investoren 657 Millionen Dollar aus der Tesla-Aktie ab. Das ist der größte monatliche Abfluss seit über zwei Jahren und ein klares Misstrauensvotum. Das unerschütterliche Vertrauen in die Zukunftsvision von Tesla bröckelt. Obwohl die Koreaner mit einem Gesamtbestand von rund 21,9 Milliarden Dollar immer noch stark in Tesla investiert sind, sind die Risse im Fundament nicht mehr zu übersehen.
Die neue Krypto-Welle
Die Alternative haben die Koreaner längst gefunden. Während das Geld aus Tesla abfließt, erlebt der Sektor für digitale Währungen einen beispiellosen Ansturm. Bis Mitte 2025 investierten südkoreanische Anleger bereits über 12 Milliarden Dollar in USA gelistete Krypto-Unternehmen. Die Anleger stürzen sich gezielt auf die Schwergewichte der Branche, allen voran Bitmine Immersion Technologies, das sich allein im August 426 Millionen Dollar frisches Kapital aus Südkorea sicherte.
Auch Circle, der Emittent des Stablecoins USDC, zog 226 Millionen Dollar an, während Coinbase, die größte US-Kryptobörse, von Zuflüssen in Höhe von 183 Millionen Dollar profitierte. Besonders bemerkenswert ist die hohe Risikobereitschaft, denn selbst ein zweifach gehebelter Ether-ETF lockte im August 282 Millionen Dollar an.
Die Gründe für den Umschwung
Dieser radikale Schwenk von Tech-Aktien zu Krypto-Assets ist kein Zufall, sondern das Ergebnis mehrerer Faktoren, die in Südkorea zusammenkommen. Ein wichtiger Treiber ist die Demografie. Fast 20 Prozent der Südkoreaner besitzen bereits digitale Vermögenswerte, in der kaufkräftigen und risikofreudigen Altersgruppe der 20- bis 50-Jährigen liegt die Quote sogar bei über 25 Prozent. Diese Generation ist mit digitalen Technologien aufgewachsen und zeigt eine kulturelle Neigung zu spekulativen Investments.
Hinzu kommen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Ein anhaltendes Niedrigzinsumfeld und begrenzte Anlagemöglichkeiten im eigenen Land zwingen Anlegern, nach Rendite Ausschau zu halten. Gleichzeitig treibt das schwächelnde Wachstum in traditionellen Sektoren wie der Automobilindustrie die Kapitalströme in alternative Anlageklassen.
Die Umschichtung der traditionell wichtigen südkoreanischen Anleger ist sicherlich ein Ereignis, das es wert ist, verfolgt zu werden. Ob dies allerdings ausreicht, um den Kurs nachhaltig zu belasten, bleibt abzuwarten. Bei Tesla drängt sich derzeit kein Einstieg auf. Bei Bitcoin bleiben Anleger allerdings weiter an Bord.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Tesla.
18.09.2025, 09:57