Jedes Jahr im Dezember blickt die Saxo Bank auf das folgende Jahr und überlegt sich, welche außergewöhnlichen Ereignisse eintreffen könnten. Wohlgemerkt: könnten, nicht werden, denn es sind keine Basisprognosen. Dieses Jahr provozieren die Saxo-Banker unter anderem mit dem Rücktritt dieses bedeutenden Regierungschefs.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat zwar im Mai 2022 die Wahl gewonnen, das war aber, bevor sein Regierungsbündnis im Juni 2022 bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit verlor und seitdem Kompromisse eingehen muss.
Das gefällt Macron immer weniger, und so will er 2023 das Parlament auflösen, um vorgezogene Neuwahlen zu organisieren. Doch Umfragen zeigen, dass auch dieser Schritt keine Mehrheit bringen würde. Macron erkennt, dass er in den nächsten vier Jahren eine lahme Ente sein wird und dass er seine Rentenreform nicht durchsetzen kann.
Nach dem Vorbild Charles de Gaulles 1946 beschließt Macron, Anfang 2023 zurückzutreten. Er kritisiert die Blockadehaltung der Opposition scharf und kündigt seinen Rückzug aus der Politik an. Stattdessen gründet er ein Start-up.
Mit seinem Schritt öffnet er der rechtsextremen Kandidatin Le Pen die Tür zum Élysée-Palast, was bei vielen im In- und Ausland Fassungslosigkeit auslöst. Die EU steht vor einer Zerreißprobe, der Euro gerät ins Wanken. Doch schnell kommt Hoffnung auf: Es entsteht eine breitere antipopulistische Koalition unter neuer Führung.
In einer anderen Prognose stellt die Saxo Bank eine Revolution in der Energieversorgung in Aussicht: Einigen Tech-Milliardäre dauert die Entwicklung der notwendigen Energieinfrastruktur zu lange, also gründen sie den Fonds „Third Stone“ mit Investitionskapazitäten von einer Billion Dollar. Das hat natürlich positive Auswirkungen auf die Aktien der Firmen, die Aufträge erhalten.
Die weiteren Prognosen: Großbritannien rutscht in die Rezession, der politische Druck steigt, es kommt zur neuen Abstimmung über den Brexit mit dem Ergebnis: rückgängig machen!
Gold steigt auf 3.000 Dollar, da die Zentralbanken eingestehen müssen, dass die Inflation längere Zeit hoch bleibt.
Die EU beschließt die Errichtung einer eigenen Armee als Reaktion auf die Probleme in der Region und auf die Entscheidung der USA, nicht mehr Weltpolizist zu sein.
Ein Land beschließt, die Fleischproduktion bis 2030 vollständig zu verbieten. Dahinter steckt das Ziel, auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen weltweit führend zu werden.
Es werden weitreichende Preiskontrollen eingeführt, um die Inflation zu begrenzen.
Die OPEC und Indien verlassen den IWF.
Die Bank of Japan versucht, den Yen vor einem weiteren Abrutschen zu bewahren und stellt das komplette Finanzsystem um.
Die OECD-Länder verbieten Steueroasen – das macht Private Equity den Garaus.
Allesamt richtig steile Thesen, doch manchmal wird auch Verrücktes wahr. Zum Beispiel lag die Saxo Bank 2013 mit ihrer Prognose „Gold bricht auf 1.200 Dollar ein“ richtig. Den Brexit sagten sie ebenfalls korrekt voraus, genauso wie riesige Gewinne beim Bitcoin.
Für 2022 rechneten sie damit, dass der Plan zur Abschaffung fossiler Brennstoffe verschoben wird, um die Inflation in den Griff zu bekommen und soziale Unruhen zu verhindern.
Laut Kostolany ist an der Börse alles möglich, auch das Gegenteil. Flexible Anleger sind also klar im Vorteil. DER AKTIONÄR wird sich auch 2023 bemühen, reaktionsschnell zu sein und umgehend passende Tipps parat zu haben, wenn außergewöhnliche Prognosen wahr werden sollten.
11.12.2022, 12:19