Dänemark meldet erneut Drohnen, diesmal gleich über vier Flughäfen. Brisant: Auf einem betroffenen Militärflughafen sind auch Kampfjets stationiert. Die dänische Regierung spricht von einem "hybriden Angriff", müsste sich wehren. Gleich mehrere börsennotierte Unternehmen bieten entsprechende Anti-Drohnen-Produkte. Doch die rechtliche Lage ist kompliziert.
Nur zwei Tage nach dem umfassenden Drohnen-Alarm am Flughafen Kopenhagen wurden in der Nacht zum Donnerstag weitere Drohnen über einer Reihe von Airports im NATO-Land Dänemark gesichtet. Am Flughafen Aalborg im Norden des Landes musste vorübergehend der Luftraum gesperrt werden, woraufhin vereinzelte Flüge gestrichen oder umgeleitet werden mussten.
Auch in der Nähe der Airports in der wichtigen Hafenstadt Esbjerg und in Sønderborg nahe der deutschen Grenze wurden fast zeitgleich Drohnen beobachtet, ebenso am Militärflugplatz Skrydstrup. Auf letzterem sind auch Kampfjets vom Typ F-16 und F-35 stationiert. Die Flugkörper waren nach Polizeiangaben mit angeschaltetem Licht unterwegs und vom Boden aus sichtbar.
Erst am Montagabend hatte die Sichtung mehrerer größerer Drohnen zur gut vierstündigen Sperrung des Flughafens von Kopenhagen geführt, der zu den wichtigsten Airports Skandinaviens zählt. Rund 100 Flüge wurden gestrichen, Zehntausende Passagiere waren von Beeinträchtigungen betroffen.
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nannte das den "bislang schwersten Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur". Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen sprach von einem "hybriden Angriff". Alles deute darauf hin, dass ein professioneller Akteur dahinterstecke, sagte er.
Wer konkret hinter den "Drohnen-Angriffen" steckt, ist jedoch weiter unklar. Frederiksen wollte eine Verantwortung Russlands nicht ausschließen. Der Kreml dementierte eine Verwicklung. Mittlerweile läuft der Flugbetrieb in Kopenhagen wieder normal.
Dänemark rüstet verstärkt auf
Erst in der vergangenen Woche hatte Dänemark bekannt gegeben, zur Abschreckung Russlands überhaupt Präzisionswaffen mit großer Reichweite zu besorgen. Dazu hat die Regierung in Kopenhagen eine Grundsatzentscheidung getroffen. Genauere Angaben etwa zum Typ der Waffen, zum Zeithorizont und zu den erwarteten Kosten wurden nicht gemacht.
Es handele sich um "einen Paradigmenwechsel in der dänischen Verteidigungspolitik", sagte Frederiksen lediglich. Ziel sei es, eine glaubwürdige Abschreckung vor Angriffen auf Dänemark und die NATO insgesamt gewährleisten zu können.
Dänemark rüstet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seit geraumer Zeit kräftig auf. Frederiksen hat dazu vor längerem die Devise "Kaufen, kaufen, kaufen!" ausgegeben. Auf Basis der Grundsatzentscheidung soll die zuständige Beschaffungsbehörde nun den Markt nach den Präzisionswaffen untersuchen, die für den dänischen Bedarf am besten geeignet sind. Dabei könne es sich zum Beispiel um Raketen oder Drohnen handeln, die Bedrohungen auf feindlichem Territorium wie etwa Raketen-Abschussrampen bekämpfen könnten, sagte Lund.
Diese Unternehmen haben Anti-Drohnen-Produkte im Angebot
Bekämpfen müsste (und könnte) Dänemark auch die Drohnen über ihren Flughäfen. Dabei handelt es sich offenbar nicht um private Drohnen. Die Reichspolizei schloss das bereits aus. Es ist von einem "fähigen Akteur" die Rede, also von Tätern, die die nötigen Fähigkeiten und Werkzeuge haben, um ein solches Manöver zu bewerkstelligen – entweder, um dadurch Unruhe zu stiften oder möglicherweise auch bloß, um auszutesten, wie lange ihre Drohnen in der Luft unbeobachtet bleiben.
Gleich mehrere börsennotierte Unternehmen bieten C-UAS-Systeme, also Counter-Unmanned Aircraft Systems. Es handelt sich dabei um eine Reihe von Technologien und Verfahren, die zum Aufspüren, Warnen, Stören und notfalls Zerstören unbefugter Drohnen entwickelt wurden.
Leonardo zum Beispiel hat mit seiner 'Falcon Shield' (Multi-Sensor plus RF-Effektoren) ein geeignetes Produkt im Angebot. RF steht für Radio Frequency. Gemeint sind Maßnahmen zum Schutz oder zur Störung von elektronischen Systemen, die Radiofrequenz-Signale nutzen, wie Radar, Funkkommunikation oder drahtlose Überwachungstechnik. Das Falcon-Shield-System wurde unter anderem zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach den Gatwick/Heathrow-Vorfällen 2018 eingesetzt.
Von Thales gibt es 'EagleSHIELD', das auch eine Airport-Variante beinhaltet. Rheinmetall bietet eine Drone-Defence-Toolbox mit Integration von 'Skynex' und 'Skyranger' an, die für den Schutz von kritischer Infrastruktur wie etwa Flughäfen konzipiert sind.
Auch QinetiQ bietet mit seiner 'AUDS'-Lösung ein RF-Jamming-System an. Tochter Chess Dynamics bietet spezielle Airport-Varianten. Und von DroneShield kommt 'DroneSentry'. Airport-Rollouts sind vor allem an US-Flughäfen im Einsatz, aber auch in der Schweiz.
Allerdings darf Dänemark diese Drohnen über seinen Flughäfen derzeit (noch) nicht abschießen. Dänemark unterliegt den EU-Regelungen für Drohnen, konkret der EU-Verordnung 2019/947 (Einsatzregeln für unbemannte Luftfahrzeuge) und der Verordnung (EU) 2019/945 (Produktanforderungen). Diese legen Standards, Zulassungsformen und Kategorien fest.
Zusätzlich gelten dänische nationale Vorschriften: das dänische 'Order on Drones' von 2023 und 2025. Diese Vorschriften regeln, wie und wo Drohnen fliegen dürfen (Höhenbegrenzungen, Sichtlinien, Abstände zu Flughäfen usw. Schon heute verbieten die Regeln, Drohnen in bestimmten Zonen einzusetzen. So gibt es etwa No-Fly-Zonen im Umkreis ziviler Flughäfen (5 km Abstand) bzw. bei militärischen Flughäfen mit 8 km Abstand. (Wer sich für die konkreten Regularien interessiert – hier gibt es eine englische Version.)
Abschießen oder neutralisieren dürfen dänische Flughäfen Drohnen nicht einfach. Es gibt jedoch einen Vorschlag von Juli 2025, der Flughäfen in Dänemark genau diese Befugnis unter engen Voraussetzungen einräumen würde. Ein entsprechendes Gesetz gibt es noch nicht.
Auch in Deutschland ist die Eliminierung von Drohnen über kritischer Infrastruktur problematisch. Airport-Betreiber erhalten grundsätzlich keine Schuss- oder Jam-Befugnis. Eurocontrol und EASA verweisen dabei auch auf Interferenz-Risiken durch Jamming im Flugverkehr.
Der Bund arbeitet jedoch an einer Änderung des Luftsicherheitsgesetzes, um – auf Anforderung der Länderpolizei – der Bundeswehr in Ausnahmelagen die Abwehr illegaler Drohnen zu ermöglichen. Zuständig sind primär die Länderpolizeien und die Bundespolizei (siehe Mitteilung des Bundesinnenministeriums).
Die zuletzt gehäuft auftretenden Drohnen-Sichtungen über kritischer Infrastruktur lassen in den Regierungen die Alarmglocken läuten. Neben dem verstärkten Schutz der NATO-Ostflanke ist auch die militärische Aufrüstung (inklusive Gesetzesänderungen!) in den einzelnen Staaten notwendig.
Aktien-Anleger können sich an den einzelnen Unternehmen beteiligen. Oder sie greifen zu einem Zertifikat auf den European Defence Index. Darin sind 20 aussichtsreiche Konzerne der europäischen Verteidigungsbranche enthalten, auch die oben erwähnten Firmen (außer DroneShield). Mehr zum Index inklusive passender Zertifikate finden interessierte Anleger hier.
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Enthält Material von dpa-AFX
25.09.2025, 12:20