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12.10.2023 ‧ dpa-Afx

KORREKTUR/IPO-Wüste Frankfurt: Von abgesagten Börsengängen und Abschieden

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Synlab

(Korrigiert wird die Meldung vom 11.10.23, 14:00 Uhr im 10. Absatz: Der Kurs der Schott-Pharma-Aktie liegt mittlerweile bei rund 35 Euro verglichen mit einem Ausgabepreis von 27 Euro.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Wenn der deutsche Schuhhersteller Birkenstock an diesem Mittwoch an die Börse geht, dann nicht am Finanzplatz Frankfurt, sondern an der Wall Street. Auch sonst fällt die Bilanz zu Börsengängen der vergangenen Jahre in Deutschland eher mau aus. Manch ein Unternehmen zog sich zuletzt sogar vom Frankfurter Parkett zurück und zwei weitere dürften folgen. Experten zufolge könnte aber ein Wendepunkt erreicht sein.

Warum geht Birkenstock in den USA an die Börse?

Der Traditionshersteller Birkenstock mit Hauptsitz in Linz am Rhein hat für seine Notierung die New Yorker Börse NYSE gewählt. Experten werteten die Entscheidung als Niederlage für den Finanzplatz Frankfurt. Ausschlaggebend soll die größere Liquidität jenseits des Atlantiks sein und die damit verbundene womöglich bessere Chance, die Aktien zu einem möglichst hohen Preis loszuwerden. Gerade in Zeiten hoher Inflation und trüber Verbraucherstimmung reagieren konsumabhängige Aktien sensibel. Zudem sind Nord- und Südamerika für Birkenstock die wichtigsten Regionen, gefolgt von Europa.

Am Mittwochmorgen setzte Birkenstock den Preis für seine unter dem Kürzel "BIRK" notierten Papiere auf 46 Dollar fest - im Mittelfeld der Spanne von 44 bis 49 Dollar. Die Aktienplatzierung bringt damit knapp 1,5 Milliarden Dollar (rund 1,4 Mrd Euro). Etwa zwei Drittel davon gehen an den Haupteigentümer L Catterton, mit dem Luxuskonzern LVMH und dessen milliardenschwerem Chef Bernard Arnault verbandelt ist. L Catterton wird nach dem Börsengang die Kontrolle über Birkenstock behalten.

Wie stand es zuletzt um Börsengänge in Deutschland?

In den vergangenen zwei Jahrzehnten war die Zahl der Börsengänge in Deutschland rückläufig. Zur Jahrtausendwende hatte die Dotcom-Blase für einen regelrechten Boom an IPOs (initial public offering; Erstnotiz) gesorgt, mit einer jährlich dreistelligen Zahl an Börsendebüts im gesamten regulierten Markt. Im anforderungsreichsten Prime Standard zählt die Deutsche Börse seit 1997 in ihrer Statistik 165 Neuemissionen. Allein 22 davon erfolgten im Jahr 1999, weitere 24 im Jahr darauf. Seitdem war das erfolgreichste Jahr bislang 2006 mit immerhin 16 neuen Unternehmen.

Aber: Auch an den Kapitalmärkten in den USA und Großbritannien ist die Zahl der an der Börse notierten Unternehmen dem Vermögensverwalter Schroders zufolge stark zurückgegangen. Als Gründe nennen die Experten Fusionen, hohe administrative und regulatorische Hürden sowie alternative Wege zur Kapitalbeschaffung.

Welche Firmen haben zuletzt das deutsche Börsenparkett verlassen?

Mit Linde hat sich Anfang des Jahres das vormals wertvollste Mitglied im Leitindex Dax von der Frankfurter Börse verabschiedet. Bis dato waren die Aktien des Industriegase-Konzerns sowohl in New York als auch in Frankfurt notiert. Die Struktur dieser doppelten Börsennotierung habe dem Unternehmen zwar von Anfang an gute Dienste geleistet, doch habe sie die Bewertung der Aktien durch die europäischen Beschränkungen und die zusätzliche Komplexität eingeschränkt, hieß es zur Begründung.

Zudem werden bald wohl zwei weitere Unternehmen der Frankfurter Börse den Rücken kehren, wenn auch aus einem anderen Grund: Der Finanzinvestor Cinven will den Labordienstleister Synlab wieder komplett übernehmen. Der Großaktionär hatte das Unternehmen erst im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht. Der Ausgabepreis betrug damals 18 Euro, die Bewertung lag damit bei rund vier Milliarden Euro. Vor der Übernahmeofferte war es noch nicht mal mehr die Hälfte.

Die Geschichte ähnelt dem Übernahmeangebot des Investors EQT für Suse . Der Softwareanbieter war ebenfalls im Frühjahr 2021 an die Börse gebracht worden, ehe EQT in diesem Jahr die Rolle rückwärts einleitete. Als Grund wurden geschäftliche Probleme genannt. Der Aktienkurs von Suse hat sich seit dem Börsengang gedrittelt.

Welche Börsengänge gab es bislang 2023 in Deutschland?

Im Juli wagte Nucera , die Wasserstofftochter von Thyssenkrupp, den Schritt aufs Parkett. Die ersten Wochen nach dem IPO verliefen weitestgehend stabil. Seit Ende August ist die Kursentwicklung tendenziell negativ: Die Nucera-Aktie hat seit ihrem ersten Handelstag rund zehn Prozent verloren. Aber auch der Gesamtmarkt hat sich deutlich eingetrübt.

Ende September folgte dann mit Schott Pharma der bislang größte deutsche Börsengang in diesem Jahr. Der Aktienkurs der Pharmasparte des Mainzer Spezialglasherstellers Schott liegt mittlerweile bei rund 35 Euro verglichen mit einem Ausgabepreis von 27 Euro.

Anfang Oktober wollte zudem der Rüstungszulieferer Renk den Schritt aufs Parkett wagen. Doch der Plan wurde wenige Stunden vorher abgeblasen.

Wieso hat Renk seinen Börsengang abgesagt?

Der Augsburger Panzergetriebe-Hersteller Renk begründete die Absage seines für den 5. Oktober geplanten Börsengang mit dem eingetrübten Marktumfeld. Informierten Personen zufolge verlief bereits der Versuch, die Aktien zu verkaufen, schleppend.

In den Tagen vor dem Stichtag hatte sich dann die Stimmung an den Börsen zunehmend verschlechtert. Renk und seine Eigentümerin, die Beteiligungsgesellschaft Triton, prüfen nach eigenen Angaben die Option eines Börsengangs zu einem späteren Zeitpunkt.

Wie lautet die Einschätzung für die Zukunft?

Marktexperten sehen mit den in diesem Jahr bereits erfolgten Börsengängen einen Wendepunkt erreicht. Die Unternehmensberatung PWC bezeichnete die Börsengänge von Schott Pharma und Thyssenkrupp Nucera als "Lebenszeichen am deutschen Emissionsmarkt" und erwartet, dass weitere Unternehmen folgen werden.

Aus gelungenen Börsengängen könnte sich eine Aufwärtsspirale ergeben, meint auch Ben Laidler, Marktanalyst bei eToro, einer Netzwerkplattform für Investmentthemen. "Das erhöhte Interesse an IPOs könnte dazu führen, dass mehr Unternehmen Kapital aufnehmen möchten, was den IPO-Markt insgesamt belebt." Erfolgreiche Börsengänge könnten Laidlers Einschätzung nach das Image Deutschlands als attraktiver Markt für Investitionen stärken und ausländische Investoren anlocken.

Ob ein IPO tatsächlich gelingt, hängt laut Investoren auch davon ab, wie groß und profitabel die Branche ist, in der die Börsenneulinge agieren und welche Preiserwartungen an den Markt sie mitbringen. Als nächstmögliche Kandidaten werden der Tankkarten-Anbieter DKV gehandelt, sowie für Anfang 2024 der Parfüm- und Kosmetik-Einzelhändler Douglas und der Mobilitätsanbieter Flix./lew/la/ngu/tih

--- Von Leonie Weigner, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-AFX

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