Zwei institutionelle Anleger ringen derzeit um die Macht bei ProSiebenSat1. Verlierer des Spiels drohen die Kleinanleger zu werden. Meine Gedanken zum Thema Übernahmeangebote ...
"We love to entertain you!“ Viele kennen diesen Slogan. Er ist seit Jahren das Markenzeichen von ProSieben. Die Aktie des Mutterkonzerns ProSiebenSat1 bietet derzeit eine ganz eigene Art Entertainment. Auslöser ist ein Bieterkampf zwischen zwei Großaktionären: auf der einen Seite die italienische MediaForEurope (MFE) und auf der anderen Seite die tschechische PPF Group.
Hinter MFE steht die Familie des verstorbenen Ministerpräsidenten und Milliardärs Silvio Berlusconi. Knapp über 30 Prozent an ProSiebenSat.1 nennt sie ihr Eigen. Im März dieses Jahres gab die Gesellschaft ein Übernahmeangebot an alle weiteren Anteilseigner ab. Unter dem damaligen Marktpreis. 5,75 Euro pro Aktie. Und noch ein bisschen – lassen Sie mich das so provokant sagen – „Glasperlen“ obendrauf. Indiskutabel.
Die tschechische PPF Group hält rund 15 Prozent und will ihren Anteil auf 29,99 Prozent erhöhen. Fürs Protokoll: Ab 30 Prozent ist ein Pflichtangebot an alle Aktionäre fällig. PPF bietet sieben Euro pro Aktie. Das bedeutete zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebots einen Aufschlag von 17 Prozent auf den Kurs. Mittlerweile notiert ProSiebenSat1 ein wenig über sieben Euro. Auf das unverschämte Angebot folgte das verschämte.
Was ist von der aktuellen Situation und den vorliegenden Angeboten zu halten? Was sollten Aktionäre tun? Machen wir es kurz: Keine der beiden Seiten ist der Freund der Kleinanleger. Das italienische Angebot war eine Unverschämtheit, das aus Tschechien eigentlich ebenso. Wenn ich eine Übernahme anstrebe, dann zahle ich ein gewisses Premium – und da liegen wir nicht bei 17 Prozent. Was ist das Kalkül? Am Ende wird einer – vermutlich PPF – sein Paket an den anderen – also MFE – verkaufen. Mit einem netten Aufschlag.
Mein Szenario sieht so aus: Seine aktuell 15 Prozent hat PPF im Frühjahr und Sommer 2023 erworben. Die Kurse lagen damals grob zwischen acht und zehn Euro. Derzeit ist man also im Minus. Mit noch einmal rund 15 Prozent zu 7,50 Euro könnte man sich verbilligen. Ich gehe davon aus, dass PPF ein Paket von knapp 30 Prozent an ProSiebenSat1 problemlos für acht, neun oder mehr Euro an MFE verkaufen könnte. Die Italiener hätten schlagartig die Kontrolle über das Unternehmen und PPF seine Position mit Gewinn verkauft. Alle glücklich – nur die Kleinanleger nicht.
Die sind bei diesem Papier gebeutelt genug. Das Management hat in der Vergangenheit keinen guten Job gemacht. Natürlich waren die Rahmenbedingungen nicht gut. Die Branche ist in einer System- und Strukturkrise – aber andere haben sich deutlich besser geschlagen.
Ich habe auch Aktien von ProSiebenSat.1. Und wie den meisten Aktionäre da draußen hat mir die Entwicklung der letzten Jahre nur wenig Spaß bereitet. Kurse von knapp 50 Euro, die Ende 2015 markiert wurden, sind ganz weit weg. Seit Jahren kannte der Wert nur eine Richtung: nach Süden. Erst in den letzten Monaten zeigte sich so eine Art Bodenbildung. Auch das gar nicht einmal so unspannende Beteiligungsportfolio des Unternehmens rückte wieder ein wenig mehr in den Fokus. Und jetzt sollen die „Free-Float-Aktionäre“ zu Tiefstkursen „entsorgt“ werden, damit zwei Milliardenkonzerne ihren Spaß haben. Da fällt mir das Wort „Kanonenfutter“ ein. Mit mir nicht! Strengt Euch mal ein bisschen mehr an!
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: ProSiebenSat.1.
22.05.2025, 09:20