"Return to sender!" China hat am Wochenende zwei nagelneue Boeing 737 Max, die für die chinesische Fluggesellschaft Xiamen zur Endmontage in Zhoushan waren, in die USA zurückgeschickt. Damit setzt die Regierung in Peking ihre Ankündigung um, im Handelsstreit mit den USA keine Boeing-Maschinen mehr abzunehmen.
Einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge hatte China vor ein paar Tagen seine Airlines angewiesen, keine Maschinen des US-Flugzeugbauers Boeing mehr zu übernehmen und keine Ausrüstung sowie Teile für die Luftfahrt von US-Firmen zu beziehen. Am Ostersonntag nun machte sich eine fertige 737 Max in der Lackierung der chinesischen Fluggesellschaft Xiamen Airlines auf den Rückweg von Zhoushan und landete auf dem Boeing-Field in Seattle.
Am heutigen Montag hat sich nach Angaben der Agentur Reuters ein zweites Boeing-Flugzeug, das ebenfalls für eine China-Airline bestimmt war, auf den Rückflug in die USA gemacht. Wie die Flugverfolgungs-Website AirNav Radar zeigte, war das Flugzeug im Boeing-Fertigungszentrum Zhoushan nahe Shanghai gestartet und im US-Territorium Guam zwischengelandet. Dort werden Flugzeuge auf
der etwa 8.000 km langen Reise über den Pazifik zwischen dem
US-Produktionszentrum von Boeing in Seattle und dem
Fertigstellungszentrum in Zhoushan üblicherweise aufgetankt.
Donald Trump bestätigte die Rückgabe der Flugzeuge von China indirekt. Auf seinem Social-Media-Konto Truth Social postete der US-Präsident: "Interessanterweise sind sie gerade aus dem wichtigen Deal mit Boeing ausgestiegen und haben erklärt, dass sie die Flugzeuge 'nicht in Besitz nehmen' werden."
Reuters schreibt, dass Boeing möglicherweise bereits einen neuen Abnehmer für die offenbar zurückgegebenen Maschinen gefunden hat. Die Muttergesellschaft von Malaysia Airlines, die Malaysia Aviation Group, spricht mit Boeing über den Erwerb neuer Jets, die chinesische Fluggesellschaften zurückgeben.
Im Handelsstreit mit bilateralen Strafzöllen könnte in China nun die Stunde des eigenen Mittelstrecken-Jets Comac C919 schlagen, auch wenn viele Teile aus dem Westen stammen. "Diese transatlantischen Zölle nutzen ausschließlich unseren Konkurrenten. Somit bremst der Westen seine eigene Wettbewerbsfähigkeit", sagt die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI), Marie-Christine von Hahn.
Bei Lufthansa standen zum Jahreswechsel 242 feste Flugzeugbestellungen auf dem Zettel, 101 Jets davon sollen von Boeing kommen. Darunter sind auch 15 fertig montierte Dreamliner vom Langstrecken-Typ 787, die wegen fehlender Zulassungen bei den Lufthansa-Sitzen immer noch in Seattle auf dem Hof stehen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wird intern bereits geprüft, die Jets vor drastischen Zollerhöhungen kurzfristig einmal über den Atlantik zu fliegen oder sie über die Schweiz zu importieren.
Auch Boeing-Großkunde Ryanair will keine Strafzölle zahlen. Die Iren setzen darauf, dass Trump seinem Vorzeige-Export-Unternehmen keinen Zoll-Ballast anhängen werde. Die Iren erwarten ab dem kommenden Jahr bis 2034 die Lieferung von 330 Boeing-737-Jets – "zum vereinbarten Preis", wie das Unternehmen auf dpa-Anfrage festhält. Ein Wechsel auf europäische Airbus-Flugzeuge sei wegen der vollen Auftragsbücher der Flugzeugbauer für keine Airline eine Option. Auch die US-Airline Delta Air hat bereits klargemacht, dass sie keinesfalls Einfuhrzölle für bestellte Airbus-Maschinen übernehmen wird.
Die Verwirrung über die sich immer wieder ändernden Zölle von Donald Trump könnte dazu führen, dass viele Flugzeug-Lieferungen in der Schwebe bleiben und Fluggesellschaften sagen, dass sie die Lieferung von Flugzeugen lieber aufschieben würden, als Zölle zu zahlen, sagen Analysten.
Die kanadische Bank RBC bleibt dennoch zuversichtlich. Sie hat Boeing in der vergangenen Woche auf "Outperform" mit einem Kursziel von 200 US-Dollar belassen. Demnächst starte die Quartalsberichtssaison der Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen, und die Erwartungen der Anleger an die Zahlen und Ausblicke seien sehr niedrig, schrieb Analyst Ken Herbert am Donnerstag in einem Branchenausblick.
Das Vertrauen in den Rüstungsbereich verbessere sich allmählich, wogegen die Eskalation des Handelskriegs die positive Stimmung für das Verkehrsflugzeug-Geschäft von Airbus und Boeing zunichte gemacht habe. Derweil seien auch die Auslieferungszahlen beider Unternehmen im ersten Quartal besser als erwartet ausgefallen.
Am Donnerstag war die Boeing-Aktie freundlich ins Oster-Wochenende gegangen. Am Ostermontag zeigen sich vorbörslich nachgebende Notierungen in den USA, das Papier rutscht unter die 160-Dollar-Marke.
Der Zollkrieg und die offensichtliche Kehrtwende bei den Lieferungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem sich Boeing von einem fast fünfjährigen Einfuhrstopp für 737 Max-Jets und einer früheren Runde von Handelsspannungen erholt hat. Die Unsicherheiten über die Auswirkungen des Handelsstreits belasten auch den Konkurrenten Airbus. Dennoch sollten die Europäer im Handelskrieg vor den Amerikanern profitieren. Airbus-Aktien erscheinen derzeit aussichtsreicher als Boeing-Papiere.
Beide Konzerne sind neben sechs weiteren Firmen der Luft- und Raumfahrt-Unternehmen im Weltraum Index von DER AKTIONÄR enthalten. Mit einem Zertifikat können Anleger von einem Markt mit enormem Entwicklungspotenzial profitieren. Weitere Informationen finden Interessierte hier.
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