Volkswagen vollzieht eine überraschende Kehrtwende im Vertrieb: Der Konzern beendet den Direktverkauf von Elektroautos in Europa und überlässt das Geschäft wieder vollständig den Händlern. Damit gehen die Wolfsburger wieder einen Schritt zurück. Warum das Agenturmodell scheiterte und was sich nun konkret ändert.
Volkswagen macht einen zentralen Baustein seiner E-Auto-Strategie rückgängig. Der Konzern beendet den Direktvertrieb über das sogenannte Agenturmodell für Privatkunden in Europa und kehrt beim Verkauf von E-Autos wieder vollständig zum klassischen Händlervertrieb zurück. In Deutschland wurde dieser Schritt bereits im vergangenen Jahr vollzogen, nun folgt der Rest Europas. Lediglich im Flottengeschäft bleibt das Agenturmodell bestehen.
Konkret bedeutet die Rolle rückwärts: Preisgestaltung, Absatzrisiken und Lagerhaltung liegen künftig wieder bei den Händlern. Diese verkaufen die Fahrzeuge auf eigene Rechnung, können flexibler auf die Nachfrage reagieren und erhalten wieder klassische Margen statt fixer Provisionen. Der Vorteil für Volkswagen: Die Bilanz wird entlastet und die operative Verantwortung liegt wieder bei den Händlern.
Volkswagens Fehlkalkulation beim Direktvertrieb
Eingeführt wurde das Agenturmodell im Jahr 2020. Inspiriert von Tesla wollte Volkswagen den Vertrieb vereinheitlichen, Kosten senken und die Kundenschnittstelle stärker kontrollieren. Der Konzern bestimmte die Preise selbst, Händler fungierten nur noch als Vermittler. In der Praxis erwies sich das Modell jedoch als teuer und kompliziert. Volkswagen musste Absatzrisiken selbst tragen, Fahrzeuge in die eigenen Bücher nehmen und parallel zwei Vertriebssysteme für Verbrenner und Stromer steuern.
Hinzu kamen Konflikte mit Händlern über Vergütungen, geringe Verkaufsmotivation sowie rechtliche und regulatorische Hürden. Die schwache Nachfrage nach Elektroautos und der konzernweite Sparzwang verstärkten den Druck zusätzlich. Vertriebsvorstand Martin Sander räumt ein, dass das Modell nicht die erhoffte Effizienz gebracht habe. Mit der Rückkehr zum Händlervertrieb setzt Volkswagen nun wieder auf bewährte Strukturen.
Das Modell Direktvertrieb hat bei Volkswagen nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Der Schritt zurück ist daher nur folgerichtig. Das gesamte Experiment dürfte allerdings auch Mehrkosten mit sich gebracht haben. Anleger bleiben bei den Volkswagen-Vorzügen vorerst an der Seitenlinie.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..
Heute, 17:05