DER AKTIONÄR – Unsere App
08.10.2025, 12:00
Alfred Maydorn hält KI für noch größer als das Internet – und ist bei dem Trend voll dabei. Für einen Einstieg ist es seiner Meinung nach noch längst nicht zu spät.
DER AKTIONÄR: Alfred, an der Börse ist Party angesagt. Feiern wir wie 1998, 1999 oder bereits Anfang 2000?
Alfred Maydorn: Wer während des Internetbooms erst Anfang des Jahres 2000 mit dem Feiern begann, für den war es eine kurze und letztlich wohl auch teure Party. Vom Platzen einer Blase wie im März 2000 sind wir jetzt noch sehr weit entfernt. Der KI-Boom hat mit der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 begonnen, läuft also jetzt knapp drei Jahre. Der Internetboom startete mit dem ersten Internetbrowser, dem Netscape Navigator, im Dezember 1994. Im direkten Vergleich befinden wir uns also in etwa im Jahr 1997 des Internetbooms – und da nahm die Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt eigentlich erst so richtig Fahrt auf.
Aktien, Gold, Silber, Bitcoin – alles läuft. Wie erklärst du dir das?
Es ist kein neues Phänomen, dass alle Assetklassen sich parallel in die eine oder andere Richtung bewegen. Getrieben werden sie im Moment von reichlich vorhandener Liquidität. Hinzu kommt die Erwartung fallender Zinsen, die sowohl den Aktienmärkten als auch Kryptos und Rohstoffen zugutekommt. Über allem steht aber der KI-Boom, der nicht nur die Aktienmärkte befeuert, sondern auch auf den Bitcoin und noch mehr auf Ethereum abstrahlt. Und Silber ist als bester Stromleiter ein wichtiges Element bei der Errichtung von KI-Rechenzentren.
Um die Jahrtausendwende war die Börse beim Friseur oder bei Kaffeekränzchen Gesprächsthema. Aus Begeisterung wurde Gier. Wie jetzt?
Weil ich dann doch eher selten zum Friseur gehe und Kaffeekränzchen auch nur recht bedingt meine Leidenschaft sind, kann ich das schwer beurteilen. Aber die Stimmung an der Börse ist tatsächlich von wenigen Ausnahmen abgesehen alles andere als gierig. Sogar die Begeisterung hält sich in Grenzen, vielmehr wird schon seit Monaten vor zu hohen Bewertungen und dem möglichen Platzen der KI-Blase gewarnt. Tatsächlich haben wir es bestenfalls mit ein paar vereinzelten Bläschen zu tun. Aber je zurückhaltender die Stimmung, desto besser ist das für die weitere Entwicklung der Märkte.
Wie weit kann es mit den Kursen noch gehen?
Weit, um nicht zu sagen sehr weit. Der KI-Boom befeuert nicht nur die Technologiebranche, sondern wirkt sich auch schon direkt auf die Profitabilität der Firmen aus. Salesforce hat etwa 4.000 seiner 9.000 Kundendienstmitarbeiter entlassen. Bei Coinbase werden 40 Prozent des täglichen Programmieraufwandes von der KI erledigt. Schlecht für den Arbeitsmarkt, aber gut für die Gewinnentwicklung der Unternehmen. Und letztlich sind vor allem die Unternehmensgewinne die Triebfeder für steigende Kurse am Aktienmarkt.
Was glaubst du, wie es nach einer Korrektur weitergehen würde: V-förmig nach oben oder erst mal längere Zeit seitwärts?
Es wird in den kommenden Monaten immer mal wieder kleine, aber scharfe Korrekturbewegungen geben, die aber dann auch sehr schnell wieder aufgeholt werden. Denn es gibt gerade unter den professionellen Anlegern noch immer viele, die nicht ausreichend investiert sind und daher jede Schwächephase zum Einstieg nutzen. Eine längere Seitwärtsbewegung ist nicht zu erwarten, dafür ist einfach viel zu viel Dynamik im Markt.
Wie bist du mit deinen Empfehlungen 2025 im maydornreport zufrieden?
Tatsächlich gab es schon lange kein Jahr mehr mit so vielen extrem positiven Entwicklungen. Der maydornreport hat sich schon 2024 voll auf die KI ausgerichtet und hier vor allem auf die Entwickler von KI-Rechenzentren gesetzt. Das hat in diesem Jahr zu Renditen von weit über 100 Prozent geführt. Absoluter Überflieger war die Aktie der Nebius Group, seit der Empfehlung vor gerade einmal sechs Monaten hat sich der Kurs mehr als verfünffacht.
Was lief noch gut?
Es freut mich besonders, dass ich mit Robinhood die in diesem Jahr beste Aktie des S&P 500 auf der Empfehlungsliste habe. Sie hat in diesem Jahr fast 300 Prozent zugelegt. Damit summiert sich die Gesamtperformance seit der Empfehlung im Sommer 2022 auf 1.400 Prozent. Infolgedessen ist Robinhood hinter Tesla (plus 2.100 Prozent seit 2017) nunmehr die zweitbeste Aktie des maydornreport.
Du bist jetzt knapp 30 Jahre an der Börse aktiv. Hat sich dein Ansatz, spannende Aktien zu analysieren, in diesem Zeitraum verändert?
Ehrlich gesagt nein, mein Ziel ist es seit jeher, ausgeprägte Technologietrends frühzeitig zu erkennen und dann zu versuchen, die besten und aussichtsreichsten Unternehmen dieses Trends zu erkennen und deren Aktien zu empfehlen.
„Folgerichtig erleben Lithiumaktien gerade ein Comeback.“
Welche Branche hat noch Luft nach oben? Und wo haben wir das Beste schon gesehen?
Auch in naher Zukunft werden sich die größten Gewinne mit Aktien aus dem Technologiesektor erzielen lassen. Aber hier kommt es jetzt noch mehr als zuvor auf die richtige Selektion an. Spannend finde ich auch weiterhin die Bereiche Elektromobilität und Batteriespeicher. Denn die werden auch für die KI-Rechenzentren benötigt. Und folgerichtig erleben auch Lithiumaktien gerade ein Comeback.
Was ist beziehungsweise wird größer: das Internet oder KI?
Klare Antwort: KI. Die künstliche Intelligenz wird alle Bereiche und Branchen erfassen und unser gesamtes Leben nachhaltig verändern. Und das in einer Geschwindigkeit, die sich fast niemand vorstellen kann. Umso wichtiger ist es, die Entwicklung mit größter Sorgfalt zu begleiten und zu überwachen.
Bitte ergänze: Alfred Maydorn ohne Börse ist wie …
Börse ohne Alfred Maydorn … es funktioniert, macht aber weniger Spaß.
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 42/2025 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.
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