Der Trend, Bitcoin in Unternehmensbilanzen aufzunehmen, nimmt immer mehr Fahrt auf. Eine wachsende Zahl von Firmen setzt auf die Kryptowährung als Wertspeicher – und das nicht zu knapp. Laut einer aktuellen Analyse von Standard Chartered halten mindestens 61 Unternehmen mittlerweile 3,2 Prozent aller jemals existierenden Bitcoin.
Weltweit besitzen börsennotierte Unternehmen nun zusammen 673.897 Bitcoin, so Geoff Kendrick, globaler Leiter der Digital-Asset-Forschung bei Standard Chartered, in einem Bericht vom 3. Juni. Kendrick beleuchtet darin die Implikationen der wachsenden Popularität von Bitcoin als Treasury-Asset und warnt gleichzeitig vor potenziellen Risiken, die aus der rasanten Adaption durch Unternehmen entstehen könnten.
Ein zweischneidiges Schwert
„Bitcoin-Bestände in Unternehmensbilanzen erhöhen vorerst den Kaufdruck auf Bitcoin, aber wir sehen das Risiko, dass sich dies im Laufe der Zeit umkehren könnte“, so der Analyst. Die Zahlen sind beeindruckend: Der Bericht zeigt, dass 58 der 61 analysierten Unternehmen ein Nettoinventarwert-Vielfaches (NAV) von über 1 aufweisen. Das bedeutet, ihre Marktbewertung ist höher als der Wert ihrer Nettovermögenswerte.
Kendrick kommentiert dies wie folgt: „Vorerst halten wir dies für gerechtfertigt durch Marktineffizienzen, einschließlich regulatorischer Hürden für den Anlegerzugang und konservativer Prozesse in Anlageausschüssen.“ Doch er fügt hinzu: „Aber wenn diese Ineffizienzen schließlich beseitigt werden, könnten Bitcoin-Bestände in Unternehmensbilanzen zu einer Quelle von Abwärtsdruck auf die Kurse und Volatilität werden.“
Der große Knackpunkt: die Volatilität des Bitcoin. Diese könnte den BTC-Preis unter die durchschnittlichen Kaufpreise vieler neuerer „Schatzmeister“ drücken. Immerhin weisen 50 Prozent der Unternehmen durchschnittliche Kaufpreise von über 90.000 Dollar auf. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen Kosten der 580.955 Bitcoin-Bestände von MicroStrategy, dem Vorreiter dieser Strategie, liegen bei „nur“ 70.023 Dollar pro BTC.
„Nachahmer“ im Kaufrausch – schneller als Saylor?
Interessant ist auch die Beobachtung Kendricks, dass ein Großteil der „Nachahmer“ von MicroStrategy erst kürzlich mit der Bitcoin-Akkumulation begonnen hat und ihre Bestände in den letzten Monaten signifikant gestiegen sind. Konkret hat sich die Menge an Bitcoin, die von diesen 60 Unternehmen gehalten wird, in den letzten zwei Monaten von unter 50.000 BTC auf rund 100.000 BTC verdoppelt.
Dieses Kauftempo übertrifft laut Kendrick deutlich die Geschwindigkeit von MicroStrategy selbst, das in den letzten zwei Monaten 74.000 BTC hinzufügte, verglichen mit 47.000 BTC durch die anderen Firmen.
Optimismus trotz Risiken
Während die Bedenken von Standard Chartered hinsichtlich der Risiken der zunehmenden Bitcoin-Adaption durch Unternehmen im Kontext der Volatilität alarmierend klingen mögen, zeigt sich MicroStrategy, der Hauptinspirator der Bitcoin-Strategie, optimistisch bezüglich seines BTC-Bestands – unabhängig vom Preis.
Laut Michael Saylor, Mitbegründer von MicroStrategy, ist die Kapitalstruktur des Unternehmens so aufgebaut, dass sie stabil bleibt, selbst wenn Bitcoin um 90 Prozent fällt und „dort für vier oder fünf Jahre bleibt.“
Auch andere Branchengrößen wie der ehemalige Binance-CEO Changpeng Zhao sehen die Entwicklung differenziert. Unternehmen, die Bitcoin in ihre Bilanzen aufnehmen, gingen definitiv Risiken ein, aber diese Risiken seien beherrschbar. „Keine Risiken einzugehen, ist an sich schon ein Risiko“, so Zhao kürzlich in einem X-Post.
These companies are taking risks.
— CZ 🔶 BNB (@cz_binance) June 3, 2025
Every company takes risks.
Risks are not binary like 0 or 1.
Risks are a range from 0 - 100.
With the right balance, you can achieve the best risk/ROI ratio that works for you.
Risks can/must be managed.
Not taking risks is a risk in itself. https://t.co/LXsQceWNRZ
Für Anleger stellt sich nun die berechtigte Frage: Handelt es sich um einen nachhaltigen strategischen Schwenk mit Kurspotenzial oder lediglich um eine spekulative Welle, die bei der nächsten Korrektur in sich zusammenfällt? Die schiere Menge an BTC, die nun in den Händen weniger Unternehmen liegt, ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits signalisiert es wachsendes Vertrauen und kann die Nachfrage stützen. Andererseits könnten diese „Bitcoin-Wale“ bei einer strategischen Neuausrichtung oder bei Gegenwind an den Märkten auch für erheblichen Verkaufsdruck sorgen. Investierte Anleger bleiben derweil weiter an Bord.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin.