Mein Börsenparadies: Amazon und Tesla geschenkt

Kommentar. Lagunenblaues Wasser, grüne Hänge wie in Neuseeland. Kennen Sie den Schrecksee im Ällgau, das Paradies auf Erden? Das Verblüffende: Keiner ist dort. Der See macht keine Werbung und man braucht drei Stunden, um ihn zu Fuß zu erreichen – einen schnellen Weg per Auto gibt es nicht.

Auch an den Finanzmärkten gibt es keine Abkürzung, nur die Harten kommen in den Garten. Mein Börsenparadies und Sehnsuchtsort ist das Jahr 2003. Die Menschenmassen waren nach dem 2001er-Crash geflüchtet, niemand drängelte mehr um die Jahrtausendaktien. Nie hingen die Trauben so tief und war Investieren so lukrativ. Kommt das Schlaraffenland wieder? Ja, ich glaube, 2023 wird wie 2003.

TikTok-Kryptotrader, die auf Kredit Dips kaufen, und Träumer wie Cathie Wood sorgten für eine immense Überhitzung. Das reinigende Börsengewitter hing lange wie eine dunkle Wolke über uns. Gut, dass es sich entladen hat und wir nun Klarheit bekommen. 2003 sind 90 Prozent der gehypten Internettitel pleitegegangen. Nun sind es (immer noch) teure Start-ups wie Rivian, die 80 Prozent abgestürzt sind. Unsere Aufgabe 2022: Gewinner für 2030 erkennen und einsammeln. Trivial ist es nicht: Rezession, Krieg und Panik vernebeln den Blick. Am Tief 2003, zu paradiesischen Kursen, schrieb damals eine Wirtschaftszeitung: „Amazon ist massiv überbewertet“.

Wichtiger Punkt: Analysten und deren Gewinnschätzungen reagieren in extremen Phasen stark zeitversetzt. Das vermeintliche KGV ist oben niedrig und unten in der Krise hoch, wie etwa 2003 bei Amazon oder bei Erstempfehlung des Hot-Stocks Tesla im Jahr 2011. Auch die nächsten Monate werden Aktien ihre Tiefstände sehen, aber die meisten Analysten (noch) vom Kauf abraten. Herrmann Hesse meint: "Viele erkennen das Paradies erst, wenn es vorbei ist".

Dieser Kommentar ist Mitte Mai in der Ausgabe 17/2022 des AKTIONÄR Hot Stock Report erschienen.

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