Lange wirkte das Management wie gelähmt, jetzt kommt Bewegung in die Berliner Zentrale. Delivery Hero signalisiert Bereitschaft zu Verkäufen – und die Börse feiert das als Befreiungsschlag.
Die Reaktion der Anleger fiel am Mittwoch eindeutig aus. Die Papiere des Essenslieferdienstes kletterten am Vormittag um rund sechs Prozent und setzten sich damit kurzzeitig an die Spitze des MDAX. Ein dringend nötiges Lebenszeichen, denn trotz des jüngsten Hüpfers stehen seit Jahresbeginn noch immer rund 22 Prozent Kursverlust zu Buche.
Der Grund für das plötzliche Kaufinteresse: Ein Brief des Managements an die Aktionäre, der am Dienstagabend veröffentlicht wurde. Darin betont die Führungsetage den „Fokus auf Wertsteigerung“ sowie eine „kontinuierliche Prüfung strategischer Optionen“. Im Klartext: Delivery Hero evaluiert Partnerschaften und Verkäufe für einzelne Ländergesellschaften.
Druck der Großaktionäre wirkt
Dass dieser Sinneswandel nicht ganz freiwillig erfolgt, gilt als offenes Geheimnis. Erst kürzlich berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass Großaktionäre angesichts der weltweiten Branchenkonsolidierung den Druck massiv erhöht hätten. Die Forderung: Eine strategische Überprüfung bis hin zum Verkauf von Unternehmensteilen.
Analysten werten den Schritt überwiegend positiv. Andrew Ross von der britischen Investmentbank Barclays bekräftigte sein „Overweight“-Votum. Seine Analyse: Wenn der Konzern attraktive Preise erzielt, sind Verkäufe – insbesondere in Südkorea, Südostasien und Lateinamerika – der logische Hebel zur Stärkung der Kapitalstruktur. Ross geht in seiner Einschätzung noch weiter: Je nach Umfang der Deals könnte dies der Startschuss für eine schrittweise Zerschlagung des Gesamtkonzerns sein. Das Ziel wäre, den inneren Wert der Einzelteile zu heben und sich so gegen feindliche Übernahmeangebote auf niedrigem Niveau zu schützen.
Die regulatorische Bremse
Während die Bullen die Zerschlagungs-Fantasie spielen, mahnt die Citigroup zur Vorsicht. Analystin Monique Pollard weist darauf hin, dass der Weg zum Exit steinig ist. Auch wenn Käufer Schlange stünden, hätten die Kartellbehörden das letzte Wort. Als warnendes Beispiel dient hier der geplatzte Deal zwischen der Uber-Tochter Uber Eats und der Delivery-Hero-Tochter Foodpanda in Taiwan – die dortigen Wettbewerbshüter hatten die Übernahme vor einem Jahr schlicht untersagt.
Die Ankündigung ist Balsam für die geschundene Anlegerseele, löst aber die operativen Herausforderungen nicht über Nacht. Solange Delivery Hero keine konkreten Deals mit Preisschildern auf den Tisch legt, bleibt die Erholung fragil. Die Aktie bleibt daher keine laufende Empfehlung des AKTIONÄR.
Heute, 13:45