Flugreisende in Deutschland und Europa müssen sich in den kommenden Wochen wieder auf einen Streik gefasst machen. Eine große Mehrheit der Lufthansa-Piloten hat in einer Urabstimmung der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) für einen Arbeitskampf gestimmt. Schon in den Herbstferien könnten die meisten Flieger am Boden bleiben. Die Lufthansa-Aktionäre sind not amused.
Erstmals seit 2022 droht wieder ein Pilotenstreik. Zwar wurde noch kein konkreter Streikzeitpunkt genannt. Darüber werde die Tarifkommission der Gewerkschaft VC entscheiden, sagte eine Sprecherin. Schon in den Herbstferien, die in einigen Bundesländern bereits am kommenden Wochenende beginnen, könnten viele Flugzeuge am Boden bleiben. In der Vergangenheit hatte die Lufthansa bei umfassenden Pilotenstreiks nahezu das komplette Programm im betroffenen Zeitraum abgesagt.
Laut VC hatten sich an der Abstimmung in den vergangenen Tagen 90 Prozent der Lufthansa-Piloten und 95 Prozent der Lufthansa-Cargo-Piloten beteiligt. Sie unterstützen nun zu 88 Prozent beziehungsweise zu 96 Prozent den Arbeitskampf. Notwendig waren bei der Urabstimmung mindestens 70 Prozent Ja-Stimmen der betroffenen Mitglieder in den Gesellschaften Lufthansa und Lufthansa Cargo. Zuletzt hatten die Piloten der Lufthansa im Jahr 2022 für einen Tag gestreikt.
Kein Geld für höhere Betriebsrenten
In dem Tarifkonflikt geht es um die Betriebsrenten der rund 4.800 Pilotinnen und Piloten. Die VC war mit der Forderung nach einer Verdreifachung des Arbeitgeber-Anteils in die Verhandlungen gegangen und hatte dies dann im Laufe von sieben Gesprächsrunden reduziert. Eine Einigung wurde aber nicht erreicht.
Die zuletzt defizitäre Lufthansa-Kerngesellschaft durchläuft gerade ein hartes Sanierungsprogramm. Ihr Chef Jens Ritter hatte erklärt, schlichtweg keine Mittel zu haben, um die "ohnehin schon sehr gute" betriebliche Altersvorsorge aufzustocken.
Am Montag hatte zudem der Lufthansa-Vorstand gegenüber Investoren seine Strategie bekräftigt, die kleineren Lufthansa-Flugzeuge und damit auch Piloten-Jobs in andere Flugbetriebe mit deutlich geringeren Lohnkosten zu verlagern. Bereits 2030 soll demnach rund die Hälfte der Kurz- und Mittelstrecken-Jets von Flugbetrieben außerhalb des Lufthansa-Kerns geflogen werden. Dazu hat der Konzern eigens die Betriebe Discover und City Airlines gegründet.
Gegen diese Strategie sperren sich intern die VC ebenso wie die Flugbegleiter-Vertretung UFO, die ihre Tarifverhandlungen ebenfalls für gescheitert erklärt hat. Gegen strategische Unternehmensentscheidungen darf aber nicht gestreikt werden, weil sie nicht Gegenstand von Tarifverträgen sind.
Die Lufthansa-Aktien verlieren zur Mittagszeit am MDAX-Ende etwa sechs Prozent auf 7,30 Euro. Damit notieren sie wieder deutlich unter ihrer 50-Tage-Linie, die aktuell bei 7,75 Euro verläuft.
Die Lufthansa-Piloten wollen mehr Geld für ihre betriebliche Altersversorgung, die Flugbegleiter mehr Gehalt. Wegen der angespannten finanziellen Lage der Kerngesellschaft Lufthansa Airlines ist das schwierig, die Aktie geraten unter Druck.
Sollte die Lufthansa-Aktie demnächst auch nachhaltig unter die technische Unterstützung bei 7,30 Euro fallen, müsste mit weiteren Kursverlusten gerechnet werden. DER AKTIONÄR rät zum Halten, wobei die Stop-Loss-Marke bei 7,20 Euro beachtet werden sollte.
DER AKTIONÄR DAILY Newsletter
Bleiben Sie über die neuesten Entwicklungen bei spannenden Unternehmen und an der Börse auf dem Laufenden. Lesen Sie DER AKTIONÄR DAILY – den täglichen Newsletter von Deutschlands führendem Börsenmagazin. Kostenlos.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.
Enthält Material von dpa-AFX
30.09.2025, 12:28