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Boeing nach Dreamliner-Crash: Rückfall in den Krisenmodus?

Boeing nach Dreamliner-Crash: Rückfall in den Krisenmodus?
Foto: Shutterstock
Boeing Co. -%
Martin Mrowka 13.06.2025 Martin Mrowka

Nach dem verheerenden Absturz einer Boeing-Maschine in der westindischen Stadt Ahmedabad hat die Ursachen-Suche begonnen. Experten des US-Herstellers sind auf dem Weg nach Indien. Der Boeing-Chef sagte seinen Besuch der Paris Air Show ab. Der Unfall ist ein Rückschlag für den Konzern. Die Boeing-Aktie sackte am Donnerstag am Ende des Dow Jones kräftig ab. 

"Mayday … no thrust, losing power, unable to lift" – diesen Funkspruch soll der Kapitän der Boeing 787 noch abgesetzt haben, bevor die Maschine crashte. Die offiziell nicht bestätigte Aussage deutet darauf hin, dass der Dreamliner, der auf dem Weg nach London war, direkt nach dem Start zu wenig Schub hatte, an Leistung verlor und deshalb nicht weiter steigen konnte. 

Andere Stimmen in den sozialen Medien wollen erkannt haben, dass die zu Start und Landung benötigten Flaps an den Tragflächen nicht oder zu wenig ausgefahren waren. 

Ein Bild der startenden Unglücksmaschine von Air India
Telegraph/ Video-Screenshot X (ehemals Twitter)
Ein Bild der startenden Unglücksmaschine von Air India

Die britische Zeitung Telegraph zitierte den Luftfahrtexperten Geoffrey Thomas, wonach es sehr ungewöhnlich sei, dass die Flaps des Flugzeugs so kurz nach dem Start in einer Linie mit dem Flügel blieben. Nach Aussage von Flugsicherheitsexperten gebe es derzeit keinen Grund zu der Annahme, dass ein Fertigungs- oder Konstruktionsproblem die Ursache war. 

Verschiedene Experten-Teams werden nun die Ursache der schlimmsten Luftfahrt-Katastrophe seit zehn Jahren untersuchen. Einer von zwei Flugschreibern sei bereits gefunden worden, berichtete die Zeitung Hindustan Times. Die britische Flugunfallbehörde AAIB kündigte an, ein eigenes Team nach Indien zu schicken, um die dortigen Ermittlungen zu unterstützen. Auch US-Präsident Donald Trump bot Hilfe an. Der Flugzeughersteller Boeing erklärte sich ebenfalls bereit, die Ermittlungen zu unterstützen. 

Der neue CEO des Flugzeugherstellers, Kelly Ortberg, hatte in den vergangenen Monaten einige wichtige Erfolge erzielt bei seinen Versuchen, das öffentliche Vertrauen in Boeing nach einer Reihe von Sicherheits- und Produktionskrisen wiederherzustellen. Seinen geplanten Besuch auf der am Montag beginnenden wichtigen Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris sagte er ab. 

Boeing war in den letzten Jahren in eine Reihe von Zwischenfällen verwickelt, darunter tödliche Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 mit Boeing-737-Maschinen. Ein Dreamliner, der seit 14 Jahren im Dienst vieler Fluggesellschaften steht, ist bislang noch nie abgestürzt. Auch ansonsten haben die 787-Großraum-Jets eine gute Sicherheitsbilanz vorzuweisen. Im Jahr 2013 mussten sie einmal wegen Batterieproblemen am Boden bleiben. 

Das Flugzeug von Air India, das in Ahmedabad abstürzte, war gut elf Jahre alt, wurde im Januar 2014 an Air India ausgeliefert. Seitdem hatte es mehr als 41.000 Flugstunden gesammelt, darunter 420 Stunden bei 58 Flügen im Mai und 165 Stunden bei 21 Flügen im Juni, wie Cirium und FlightRadar24 berichteten. 

"Aufgrund des Absturzes könnte es nun zu einer verstärkten Überprüfung der Herstellungs- und Qualitätsverfahren kommen. Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir jedoch nicht davon aus, dass es langfristige Auswirkungen auf die Produktion geben wird", zitierte Reuters Jeff Windau, Analyst bei Edward Jones. 

An der Börse schaltete die Boeing-Aktie am Donnerstag wieder in den Krisenmodus. Nach vorbörslichen Verlusten von bis zu acht Prozent schloss der Wert als schwächster Dow-Jones-Wert dann bei mit einem Tagesverlust von 4,8 Prozent bei 203,75 Dollar. Am Freitag steht die Boeing-Aktie vorbörslich bei 201,35 Dollar. 

Auch die Aktien von GE Aerospace, dem Hersteller der Triebwerke für den Dreamliner, fielen um 2,3 Prozent auf 239,99 Dollar. 

In den vergangenen Jahren hatten die Unglücke mit Boeing-Maschinen unterschiedlich starke Auswirkungen auf den Aktienkurs von Boeing. Deutliche, lang anhaltdende Schwächephasen gab es jedoch nicht. Das monatelange Flugverbot für 737-Max-Maschinen verhinderte jedoch größtere Erholungen. Den stärksten Einbruch gab es in der Corana-Krise 2020, wovon sich der Kurs immer noch nicht erholt hat. 

Boeing-Kurs seit 2016 (in US-Dollar)
LSEG/ Reuters
Boeing-Kurs in US-Dollar seit 2016 mit Markierungen verschiedener Flugzeug-Unglücke.

Die kanadische Bank RBC hat die Einstufung für Boeing angesichts des Absturzes eines 787-Jets der Fluggesellschaft Air India auf "Outperform" mit einem Kursziel von 230 Dollar belassen. Es sei verfrüht, über die möglichen Ursachen des Unfalls zu spekulieren, schrieb Ken Herbert in einer aktuellen Studie. Der Unfall könnte aber die bevorstehende Luftfahrtschau in Paris überschatten, ergänzte er. Das Analysehaus Jefferies beließ die Einstufung für Boeing auf "Buy" mit einem Kursziel von 250 Dollar. 

Kürzlich konnte Boeing einen bemerkenswerten Auftragseingang verkünden: Im Mai 2025 wurden 303 Flugzeuge neu bestellt. Dieser Monatswert ist der sechstbeste in der Geschichte des Unternehmens. Im April 2025 wurden lediglich acht Aufträge verbucht. Im Detail verbuchte Boeing im Mai 139 Bestellungen der 737 Max-Familie, 75 Einheiten des Großraumflugzeuges 787-10 sowie 45 Einheiten der 787-9 – beides Varianten des beliebten Dreamliner. Ergänzt wurden die Auftragsbücher durch 30 Einheiten der 777X, dem zukünftigen Großraumflugzeug von Boeing, schrieb Aviation direct. Der Gesamtwert dieser Neuaufträge, basierend auf Listenpreisen, dürfte sich auf mehrere Dutzend Milliarden US-Dollar belaufen, auch wenn Rabatte in der Regel üblich sind. 

Der europäische Konkurrent Airbus hingegen meldete im Mai überhaupt keine neuen Bestellungen, was wohl auf eine Zurückhaltung von Ankündigungen vor der Paris Air Show zurückzuführen ist. 

Trotz dieses Erfolges bei den Neuaufträgen steht Boeing weiterhin vor der Herausforderung, seinen umfangreichen Auftragsbestand aufgrund anhaltender Produktionsbeschränkungen und Lieferkettenprobleme abzuarbeiten.

Der US-amerikanische Flugzeughersteller erleidet nach dem starken Auftragseingang im Mai durch den Absturz des Air-India-Dreamliner einen Rückschlag. Erst die Klärung der Unfallursache wird die längerfristigen Auswirkungen auf das Unternehmen und die Boeing-Aktie zeigen. Bis dahin dürften größere Käufe (und Verkäufe) ausbleiben, so dass kurzfristig mit einer volatilen Seitwärtsphase gerechnet werden muss. 

Auch die Airbus-Aktie – Favorit im Luftfahrt-Sektor von DER AKTIONÄR – schwächelt derzeit übrigens, was aber vor allem auf die Eskalation zwischen Israel und Irak zurückzuführen ist. Am Freitag-Mittag notiert Airbus ein Prozent tiefer als am Donnerstag bei 161,08 Euro. 

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