Am morgigen Donnerstag, dem 18. September 2025, startet die Automotive-Sparte von Continental unter dem Namen Aumovio eigenständig an der Frankfurter Börse. Ein ungewöhnliches Ereignis begleitet diesen Börsengang: Der DAX wird für einen Tag auf 41 Werte aufgestockt, wie die Deutsche Börse-Tochter ISS STOXX Ltd. mitteilte. Doch ist die Aumovio-Aktie ein Kauf?
Hinter Aumovio steckt die abgespaltene Automotive-Sparte von Continental. Das Portfolio des Automobilzulieferers umfasst Bremsen, Fahrwerke, Fahrzeugelektronik, Infotainment-Lösungen, Sensoren sowie Komponenten für assistiertes und autonomes Fahren. Mit rund 93.000 Mitarbeitern in über 50 Ländern erzielte Aumovio 2024 einen Umsatz von 19,6 Milliarden Euro und einen Auftragseingang von 19,3 Milliarden Euro, gestützt auf starke Kundenbeziehungen zu nahezu allen globalen Fahrzeugherstellern.
Die bereinigte EBIT-Marge lag bei 2,5 Prozent, ein Fortschritt, der durch Kostensenkungen und Preiserhöhungen erzielt wurde, nachdem die Sparte zuvor rote Zahlen schrieb. Dabei halfen Transformationsprogramme und Portfoliobereinigungen, wie der Verkauf von Zonar und eines Trommelbremsenwerks in Italien. Aumovio strebt mittelfristig einen Umsatz von 20 bis 22 Milliarden Euro mit einer EBIT-Marge zwischen vier und sechs Prozent und einer Kapitalrendite (ROCE) von 12 bis 15 Prozent an. Langfristig sind über 24 Milliarden Euro Umsatz, eine EBIT-Marge von 6,0 bis 8,0 Prozent und ein ROCE von mehr als 16 Prozent das Ziel. Die Forschungs- und Entwicklungskostenquote soll bis 2027 auf unter zehn Prozent und langfristig auf unter neun Prozent sinken, unterstützt durch Synergien und optimierte Prozesse. Mit einer finanzschuldenfreien Bilanz, 1,5 Milliarden Euro Barmitteln und einem Kreditrahmen von 2,5 Milliarden Euro startet Aumovio finanziell solide in die Selbstständigkeit und plant mittelfristig Dividendenzahlungen von zehn bis 30 Prozent des Nettoergebnisses.
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Warum drängt Continental auf die Abspaltung?
Die Abspaltung von Aumovio ist Teil von Continentals Strategie, klare Strukturen zu schaffen und beide Unternehmensteile fokussierter zu entwickeln. Continental kehrt zu seinen Wurzeln als Reifenhersteller zurück, nachdem bereits 2021 die Antriebssparte Vitesco abgespalten wurde. Aumovio soll als eigenständiges Unternehmen flexibler auf die Herausforderungen des Automobilmarktes reagieren und Wachstumsmärkte wie autonomes Fahren und softwaredefinierte Fahrzeuge gezielt erschließen.
Aumovio-CEO Philipp von Hirschheydt betont im Vorfeld der Abspaltung die starke Position in diesen Segmenten und die verbesserte Profitabilität durch Transformationsprogramme. Maßnahmen wie Kostensenkungen, der Abbau von über 10.000 Stellen in Verwaltung und Forschung sowie die Fokussierung auf profitable Produkte mit globaler Top-3-Position (über 80 Prozent des Umsatzes) unterstützen die Wertsteigerung. Der Zulieferer kann zudem eine etablierte Kundenbasis vorweisen, insbesondere in China, wo Aufträge etwa mit Chery gewonnen wurden.
Automatische Zuteilung für Continental-Aktionäre
Continental-Aktionäre erhalten automatisch eine Aumovio-Aktie für je zwei gehaltene Continental-Aktien, die derzeit bei rund 72 Euro gehandelt werden (Börsenwert: circa 14,5 Milliarden Euro). Diese Zuteilung erfolgt direkt ins Depot, ohne dass Anleger aktiv handeln müssen. Großaktionär Schaeffler, der 46 Prozent an Continental hält, wird auch anschließend auch 46 Prozent an Aumovio halten, was den Free Float einschränkt und die Handelbarkeit der Aktie beeinflussen könnte. Dies erhöht das Risiko von Kursvolatilität, insbesondere in den ersten Handelstagen.
Auswirkung auf den DAX
Am 18. September 2025 wird der DAX für einen Tag auf 41 Werte aufgestockt, indem Aumovio temporär aufgenommen wird, wie die Deutsche Börse-Tochter ISS STOXX Ltd. mitteilte. Dieses Vorgehen folgt auf Regel 8.4 des DAX Equity Index Calculation Guides für Spin-offs, um Indexfonds und Anlegern den geordneten Handel der neuen Aktien zu ermöglichen. Die Gewichtung im Index basiert auf den Daten der Continental-Aktie und dem Abspaltungsverhältnis. Nach Ende des Xetra-Handels wird Aumovio wieder aus dem DAX entfernt und der Index kehrt zu 40 Werten zurück. Ein ähnliches Vorgehen gab es 2021 bei der Daimler-Truck-Abspaltung, die später regulär in den DAX einzog – ein Szenario, das für Aumovio derzeit aufgrund der geringen Marktkapitalsierung und des niedrigen Streubesitzes unwahrscheinlich ist.
Der Börsengang von Aumovio bietet Chancen, birgt aber auch Risiken. Aktuell leiden die Zulieferer unter der schwachen Entwicklung der Automobilindustrie, überdies ist das Zulieferergeschäft vergleichsweise margenschwach. Aus Sicht des AKTIONÄR drängt sich ein Kauf der Aumovio-Aktie daher vorerst nicht auf, wenngleich der Kurs in den ersten Handelstagen durchaus zulegen könnte. Welche Aktien jetzt hingegen ein klarer Kauf sind, erfahren Sie in der neuen Ausgabe.
17.09.2025, 19:59