Bitcoin wirkt angeschlagen, aber weit entfernt vom K.-o. Seit dem Fall unter die Marke von 100.000 Dollar hat sich die Kryptowährung stabilisiert – die Nervosität im Markt bleibt trotzdem hoch. „Wir sind in einer Phase, in der die Anleger alles hinterfragen“, sagt Oliver Michel, Vorstand der tokentus investment AG. „Die große Frage ist: Kommt jetzt die Trendwende – oder ist das nur eine Atempause vor dem nächsten großen Move?“
Makroökonomisch ist das Umfeld alles andere als entspannt. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Dezember ist laut FedWatch Tool regelrecht eingeknickt – von nahezu 95 Prozent vor wenigen Wochen auf etwas über 40 Prozent. Der Grund ist simpel: Der andauernde Government Shutdown legt wichtige US-Daten lahm, darunter die CPI-Inflationszahlen. Parallel dazu muss die New York Fed die Liquidität im Finanzsystem stützen. Und auch international weht ein rauerer Wind: Japans zehnjährige Staatsanleihe rentiert inzwischen bei 1,71 Prozent – dem höchsten Stand seit 2008. Viele japanische Fonds ziehen Geld aus US-Anleihen ab. Das ist Gift für Risikoassets wie Tech-Aktien – und eben auch für Krypto.
Wie eng alles zusammenhängt, zeigt die Korrelation zwischen Bitcoin und dem Nasdaq 100: Die 30-Tage-Kennzahl liegt bei rund 0,8 – einem der höchsten Werte der letzten zehn Jahre. Beide Märkte haben rund um die jüngste Fed-Sitzung neue Allzeithochs markiert, bevor sie in eine saubere technische Korrektur übergegangen sind. Michel sieht darin „eine typische A-B-C-Bewegung mitten in einem Zinssenkungszyklus.“
Charttechnisch zeigt sich ein zweigeteiltes Bild: Der Wochen-Chart bleibt klar bullisch – höhere Hochs, höhere Tiefs, Trend intakt. Im Tages-Chart dagegen steht Bitcoin auf einer absolut entscheidenden Support-Zone zwischen 92.000 und 93.000 Dollar. Genau dort liegt auch ein offenes CME-Gap, das häufig wie ein Magnet wirkt. Das extrem hohe Handelsvolumen am Freitag deutet darauf hin, dass hier gerade ein großer Kampf um die nächste Richtung läuft. Und: Der November wird wichtig. Ein rotes MACD-Histogramm im Monatschart ist ein Warnsignal. Der RSI dagegen zeigt keine überkaufte Lage.
Auch bei den Altcoins lohnt der Blick genauer hin. Ethereum und XRP halten sich trotz des Rücksetzers relativ stabil und laufen in engen, gut definierten Ranges. Unterstützung kommt von institutioneller Seite: Neue Spot-ETFs sorgen für frische Nachfrage. „Wenn Bitcoin dreht, werden die großen Altcoins folgen“, so Michel. Spannend bleibt auch die Bitcoin-Dominanz, die zuletzt leicht nachgegeben hat. Ein Hinweis darauf, dass der Markt möglicherweise einen Übergang in die nächste Phase vorbereitet.
Trotz aller Fragezeichen bleibt Michel optimistisch: „Kein Bullenmarkt endet in Angst.“ Mit dem erwarteten Ende des Shutdowns und neuen Hilfspaketen könnte bald wieder spürbar Liquidität in die Märkte fließen. „Vielleicht nicht von heute auf morgen – aber es wird Wirkung zeigen.“
Das komplette Interview mit Oliver Michel – inklusive Charts, Einschätzungen zum Marktumfeld und Ausblick auf Bitcoin, Ethereum und XRP.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum, tokentus investment AG.
18.11.2025, 15:14