Das Tesla-Geschäft schrumpft – die Aktie steht am Donnerstag unter Druck. Firmenchef Elon Musk jedoch verspricht den großen Befreiungsschlag mit Robotaxis. Spätestens Ende kommenden Jahres würden selbstfahrende Autos die Tesla-Bilanz aufbessern, kündigte der Tech-Milliardär nach Vorlage von Quartalszahlen an. Bis dahin könne es aber einige "harte Quartale" geben, räumte er ein.
Zuletzt sorgten sinkende Auslieferungen der Tesla-Elektroautos im zweiten Vierteljahr in Folge für einen Rückgang bei Umsatz und Gewinn. Der Elektroauto-Hersteller verdiente im vergangenen Quartal 1,17 Milliarden Dollar (knapp eine Milliarde Euro) und damit 16 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Umsatz fiel um zwölf Prozent auf rund 22,5 Milliarden Dollar. Tesla verfehlte erneut die Erwartungen der Analysten.
Grandioses Versprechen
Musk, der die Anleger nach schwächeren Quartalen oft mit großspurigen Visionen überschüttet, beschwor die Rolle selbstfahrender Autos für die Zukunft von Tesla. Der Konzern hatte erst von wenigen Wochen seinen ersten Robotaxi-Dienst in der Innenstadt von Austin gestartet - mit einer "Handvoll" Autos, von Tesla handverlesenen Kunden und Aufpassern auf dem Beifahrersitz. Dennoch kam von Musk nun ein grandioses Versprechen: Er denke, dass Tesla zum Jahresende voraussichtlich für die Hälfte der US-Bevölkerung autonome Fahrten anbieten könne, sagte er. Dann kam jedoch die Einschränkung: "Die Zustimmung der Behörden vorausgesetzt." Damit könne man auf den Zeitplan nicht groß bauen, urteilte gleich der langjährige Branchenanalyst Gene Munster. In den USA müssen die Genehmigungen für autonomes Fahren in einzelnen Bundesstaaten beantragt werden.
Reichen Kameras als Augen der KI?
Teslas Robotaxis legten in Austin bisher über 7.000 Meilen (11.265 km) zurück. Die Google-Schwesterfirma Waymo, deren fahrerlose Wagen mehr als 250.000 Fahrten pro Woche mit zahlenden Passagieren machen, knackte jüngst die Marke von 100 Millionen Meilen. Musk behauptet dennoch, dass Tesla schnell zur Nummer eins beim autonomen Fahren aufsteigen werde.
Er setzt dafür auf einen Kostenvorteil: Während Waymo und andere Entwickler selbstfahrender Autos für die Sicherheit auf teure Laser-Radare setzen, will er nur mit Kameras auskommen. Damit haben laut Musk aktuelle Tesla-Fahrzeuge bereits alle nötige Technik an Bord, um autonom unterwegs zu sein. So sind als Robotaxis in Austin Fahrzeuge des Kompakt-SUV Model Y unterwegs.
Musks Plan trifft auf Skepsis
Im kommenden Jahr könnten Tesla-Besitzer auch ihre Autos in einigen US-Städten als Robotaxis zum Geldverdienen auf die Straße schicken, versicherte er. Und wenn erst einmal die neuesten Versionen von Teslas "Autopilot"-Software auch in Europa zugelassen seien, zögen die zuletzt schwächelnden Verkäufe auch dort wieder an, sagte Musk.
Experten und Rivalen haben jedoch Bedenken zu Teslas Ansatz. Die Laser-Radare - auch unter dem Namen Lidar bekannt - tasten die Umgebung der Fahrzeuge ab und können dadurch Objekte und Personen auch bei schwierigen Lichtverhältnissen erkennen. Hingegen gibt es Zweifel, dass Kameras in allen Situationen Hindernisse korrekt identifizieren können. Die US-Verkehrsbehörde NHTSA untersucht bereits seit Jahren Unfälle mit Teslas bisherigen "Autopilot"-Versionen, die noch als Assistenzsystem mit menschlicher Aufsicht agieren.
Tesla-Verkäufe auf Talfahrt
Die Tesla-Auslieferungen gingen im vergangenen Quartal um 13,5 Prozent auf 384.122 Fahrzeuge zurück. Damit konnte auch die neue Variante des bisherigen Bestsellers Model Y den Absatz bisher nicht ankurbeln. Sie wird seit März an die Kunden ausgeliefert. Die Übergangsphase beim Model Y galt neben den Kontroversen um politische Aktivitäten von Musk als ein Grund für den Absatzrückgang von 13 Prozent im ersten Quartal. Tesla macht aber auch verstärkte Konkurrenz anderer Hersteller zu schaffen - außerhalb des US-Heimatmarktes sind insbesondere chinesische Marken stark. In Europa, wo Tesla eine Fabrik in Grünheide bei Berlin hat, gibt es seit Monaten herbe Absatzrückgänge.
Finanzchef Vaibhav Taneja räumte ein, dass der Konzern möglicherweise nicht genug Autos produzieren könne, um der Nachfrage bis Ende September nachzukommen. Danach will Tesla ein günstigeres Modell auf den Markt bringen. Musk bestätigte nun, dass es genauso wie das Model Y aussehen werde. Für den niedrigeren Preis ist aber mit Abschlägen bei der Ausstattung zu rechnen. Munster warnte gleich, dass die Verkäufe des lukrativeren Model Y darunter leiden könnten. Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer verwies zugleich darauf, dass Tesla insgesamt an Überkapazitäten leide: Während der Konzern jährlich 2,35 Millionen Autos bauen könne, dürften in diesem Jahr nur 1,6 Millionen verkauft werden.
UBS bleibt skeptisch, RBC hält dagegen
Die Analysten der UBS haben Tesla nach den Quartalszahlen auf "Sell" mit einem Kursziel von 215 Dollar belassen. Der Elektroautobauer habe mehr oder weniger erwartungsgemäß abgeschnitten, schrieb Joseph Spak in einer am Mittwochabend vorliegenden ersten Reaktion. Eine andere Sichtweise vertritt die kanadische Bank RBC. analyst Tom Narayan hat die Einstufung für Tesla mit einem Kursziel von 319 Dollar auf "Outperform" belassen. Wie von ihm erwartet sei die kreditbereinigte Bruttomarge besser als vom Markt gedacht ausgefallen, schrieb Narayan nach den Zahlen in einem Update. Mit den Plänen zur Einführung günstigerer Modelle liege Tesla im Plan.
Das Auto-Business gestaltet sich aktuell schwierig für Tesla. Das hat nicht nur mit politischen Engagement von Elon Musk in der vergangenheit zu tun, sondern ist auch der angestaubten Modellpalette von Tesla geschuldet. Die Modelle Y und 3 sind für den Großteil der Absätze verantwortlich. Neue Modellvarianten sind dringend erforderlich.
In Zukunft werden Investitionen in Künstliche Intelligenz, neue Modelle und Fortschritte im Bereich der Robotaxis den Kurs der Tesla-Aktie beeinflussen. Allen voran Fortschritte in Bezug auf die Robotaxi-Technologie sind essenziell.
Aus charttechnischer Sicht hat die Aktie zuletzt die wichtige 200-Tage-Linie bei 318,55 Dollar geknackt. Diese gilt es zu verteidigen.
Unter den E-Autobauern favorisiert DER AKTIONÄR weiterhin BYD und Xiaomi.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Tesla.
Enthält Material von dpa-AFX
24.07.2025, 09:24