Der US-Datenkonzern Palantir sorgt in Großbritannien erneut für Schlagzeilen. Erstmals hat ein kommunaler Rat einen direkten Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen: Coventry City Council wird künftig Palantirs KI-Systeme im Sozialwesen, bei Kinderschutz und in der Betreuung von Kindern mit besonderem Förderbedarf einsetzen.
Das Volumen: 500.000 Pfund pro Jahr.
Wie die englische Zeitung The Guardian Ende vergangener Woche berichtete, folgt die Entscheidung auf ein Pilotprojekt, bei dem Palantirs Software bereits Fallnotizen von Sozialarbeitern transkribierte und Akten zusammenfasste. Nun soll die Lösung auf weitere Verwaltungsprozesse ausgeweitet werden. Ziel sei es, so die Stadtverwaltung, „die interne Datenintegration und die Servicequalität zu verbessern“ und die „transformative Chancen von künstlicher Intelligenz“ zu nutzen.
Doch der Schritt stößt auf erheblichen Widerstand. Gewerkschaften und Lehrerverbände äußerten „ernsthafte ethische Bedenken“ und warfen der Stadt vor, Geld in ein Unternehmen zu stecken, das wegen seiner Rolle bei US-Abschiebungen und der Belieferung der israelischen Armee mit Technologie in der Kritik steht. Die unabhängige Stadträtin Grace Lewis forderte, den Vertrag sofort zu kündigen: „Es ist unvertretbar, dass der Rat einen Vertrag mit Palantir abgeschlossen hat, einem Unternehmen, das berüchtigt ist für seine Rolle bei Waffen- und Überwachungssystemen … während hier öffentliche Mittel gekürzt werden.“
Auch die Nutzung von KI für sensible Aufgaben wie die Vergabe von Unterstützungsleistungen sorgt für Diskussionen. Ein Stadtrat kommentierte in einer Sitzung: „Das klingt für mich ein bisschen nach Big Brother.“
Palantir selbst verweist auf Effizienzgewinne: Sozialarbeiter könnten dank der Software weniger Zeit mit Papierkram verbringen und mehr Zeit mit direkt betroffenen Familien. Coventrys Stadtverwaltung erklärte, das Projekt sei zunächst auf zwölf Monate befristet und alle Standards für Datenschutz und Sicherheit seien eingehalten worden.
Der Deal unterstreicht Palantirs wachsende Präsenz in Europa und zeigt, dass die Software zunehmend auch im sensiblen öffentlichen Sektor Fuß fasst. Die beinahe reflexhafte Kritik in Bezug auf Ethik und Datenschutz gehört dazu. Langfristig könnte Coventry als Türöffner für weitere kommunale oder nationale Verträge dienen.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Palantir Technologies.
01.09.2025, 17:48