Er ist bekannt als Dr. Doom. Marc Faber. Gegegenüber dem Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) und dem AKTIONÄR äußert sich der Börsenexperte zum Crash beim Goldpreis, den weiteren Aussichten an den Aktienmärkten und den richtigen Mix im Depot. Eines vorweg: Einen neuerlichen Crash hält Faber für nicht ganz ausgeschlossen.
Der Aktionär: Herr Faber, ist die Goldblase endlich geplatzt?
Marc Faber: Das ist natürlich die Frage, die sich zurzeit alle Anleger stellen. Technisch gesehen hat es einen massiven Einbruch gegeben. Und für alle technischen Anleger bedeutet dieses Kursrutsch wohl, dass die Hausse vorbei ist. Aber man darf nicht vergessen, dass das fundamentale Umfeld nach wie vor für Gold spricht. Die Geldmenge wird weltweit wesentlich erhöht, der Schuldenberg steigt und das Vertrauen in die Banken schwindet. Und nicht zu vergessen: In Asien sehen wir eine sehr große Nachfrage nach physischem Gold. Ich persönlich verkaufe mein Gold nicht.
Was hat denn den Kursrutsch ausgelöst? War es wirklich eine Kursmanipulation durch amerikanische Großbanken?
Man kann es natürlich nicht ausschließen, dass es eine Manipulation gewesen ist. Wenn man sieht, dass die Banken den Zinssatz manipulieren können, dann ist das natürlich auch mit dem Goldmarkt möglich. Es spricht aber auch etwas dagegen. Es gibt auf der Welt rund 150.000 Tonnen Gold. Rund 21 Prozent dieses Goldes liegt in den Händen der westlichen Zentralbanken - zumindest offiziell. Schließlich gibt es keine treuhänderischen Beweise, dass das Gold tatsächlich dort ist. Die Zentralbanken in den Schwellenländern haben praktisch kein Gold als Reserve. Wenn der Goldpreis künstlich nach unten gedrückt wird, dann begünstigt das die asiatischen Zentralbanken. Sie können dann bei niedrigeren Kursen kaufen. Also im Sinne der westlichen Zentralbanken dürfte eine solche Aktion nicht gewesen sein.
Aber nach wie vor gibt es keine Inflation. Und damit hat man mit Gold nur ein Investment, das keine Zinsen abwirft. Und nur auf die Wertsteigerung zu hoffen, erscheint doch reichlich spekulativ.
Aber wenn Sie beispielsweise Bargeld halten, spekulieren Sie doch auch. Dann spekulieren Sie auf den Werterhalt des Geldes. Hier bekommen Sie praktisch auch keine Zinsen. Ob die Inflation tatsächlich so tief liegt, wie es die Zentralbanken publizieren, ist doch sehr fraglich. Die Energiekosten sind stark gestiegen und auch die Kosten im Gesundheitsbereich zum Beispiel. Dazu steigen auch die Immobilienpreise deutlich. Ein guter Indikator ist auch der Kunstmarkt. Die Preise für Bilder ziehen stark an. Also gibt es schon Anzeichen von Inflation. Das tragische ist, dass die Reallöhne fallen und die Lebenshaltungskosten steigen. Das trifft vor allem den Mittelstand.
Aber es gibt genügend Experten, die nicht die Inflation als eigentliche Gefahr sehen, sondern vielmehr eine Deflation erkennen.
Richtig. Wir haben einen Einbruch im Goldmarkt und gleichzeitig einen starken Markt für Obligationen. Und damit sagt der Markt: Es ist durchaus möglich, dass es zu einem deflationären Schock kommt - und das, obwohl die Zentralbanken massiv Geld drucken.
Wohin soll denn Gold langfristig noch steigen? Die Societe Generale hat kürzlich mit einer Studie für Aufsehen gesorgt. Darin sagt der Analyst einen Goldpreis von 10.000 Dollar je Unze voraus.
Ich weiß natürlich, wie hoch der Goldpreis steigen kann. Aber ich möchte nicht mein gesamtes Vermögen in die Finanzmärkte investieren. Dazu ist mir das Risiko zu groß. Deshalb halte ich auch Immobilien, obwohl ich nicht glaube, dass beispielsweise asiatische Immobilien noch stark steigen werden im Wert. Das eine kann ich Ihnen versichern: Gold wird nie auf Null fallen. Und nachdem die durchschnittliche Lebenserwartung von Gesellschaften 30 Jahre ist, fallen viele Gesellschaften auf Null.
Der Verfasser der Studie, Albert Edwards, geht von einem massiven Einbruch an den Aktienmärkten aus. Sehen Sie ebenfalls eine akute Crashgefahr?
Ich glaube, dass es zu einer schärferen Korrektur kommen könnte. Wenn die Märkte aber erst einmal weiter steigen, dann könnten wir ein Szenario haben wie im Jahr 1987. Damals ist der Dow Jones zwischen Januar und dem 25. August um 41 Prozent gestiegen. Anschließend ist er um 40 Prozent binnen zwei Monaten gefallen. Damals ist der Markt an einem Tag um 21 Prozent eingebrochen. Das wäre gemessen an den heutigen Kursständen ein Einbruch beim S&P von etwa 300 Punkten an einem Tag.
Wie groß sehen Sie die Gefahr eines solchen Szenarios?
Bei Finanzmärkten ist das natürlich schwierig genau vorherzusagen. Aber im Moment ist es doch so: Die ganze Welt glaubt, dass Aktien steigen werden. Aber diese Kurssteigerung beruht nicht auf einem guten Wirtschafstausblick oder der steigenden Zahl der Erwerbstätigen. Nein, der Grund, wieso Aktien steigen sollen, ist, dass die FED weiter Geld druckt. Und weil das alle denken, bin ich sehr vorsichtig.
Aber wenn wir uns die Charts von S&P und DAX ansehen, dann sieht es doch eher so aus, als ob wir erst am Anfang eines Bullenmarktes stehen.
Nein, das glaube ich nicht. Der Bullenmarkt begann im Frühjahr 2009. Wir sind bereits sehr stark gestiegen. Es ist sicher nicht so, dass wir am Anfang einer Hausse stehen. Aber wir könnten uns im Endstadium einer Hausse befinden. Zur Erinnerung: Auch im Jahr 2000 sind wir zunächst noch um 30 Prozent gestiegen, nur um anschließend sehr stark zu fallen. Deshalb würde ich die Meinung von Herrn Edwards ernst nehmen. Ich denke, dass er irgendwann Recht haben wird. Ich bi mir sicher, ein Einbruch kommt. Die Frage ist nur: Von Dow Jones 15.000, Dow Jones 150.000 oder Dow Jones 1,5 Millionen. Man muss sich ja nur einmal ansehen, wie sich die Aktien während der deutschen Hyperinflation bewegt haben.
Das Gelddrucken ist sicherlich die eine Seite, wie wirtschaftliche Realität die andere. Sehen Sie immer noch die Gefahr eines Double Dips?
Sicherlich befindet sich ja Europa schon wieder in einer Rezession, wenn die Statistiken richtig gemessen werden würden. Ob es in den USA ein zweiprozentiges Wachstum gibt, oder ein Nullwachstum - das ist statistisch schwierig zu erfassen. Ich gehe davon aus, die Wirtschaft wächst kaum. In Anbetracht der gewaltigen Staatshaushaltsdefizite und des fortwährenden Gelddruckens verhält sich die Wirtschaft ganz schwach. Wenn wir nach Asien blicken: Singapur veröffentlich relativ ehrliche Wirtschaftsdaten. Auch hier sehen wir eine Rezession: Die Industrieproduktion ist gefallen, das Bruttoinlandsprodukt schrumpft. Die Inflationsrate ist über vier Prozent. Wie kann es sein, dass die USA weniger als zwei Prozent haben?
Also muss man die Statistiken immer etwas hinterfragen ....
Was heißt hinterfragen, ich würde sie gar nicht anschauen. Die Regierungen lügen doch alle. Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass alle Geschäftsleute unehrlich sind und alle Staatsangestellten ehrlich? Das ist doch der größte Witz.
Sie haben gesagt, Diversifikation ist besonders wichtig. Sie halten selbst rund 25 Prozent Aktien. Welche Aktien gefallen Ihnen denn besonders?
Ich gebe keine individuellen Tipps. Ich halte 25 Prozent in Aktien, 25 Prozent Immobilien, 25 Prozent Gold und 25 Prozent Obligationen. Vor einem Jahr habe ich einen Blick auf die Börsen von Portugal, Spanien, Griechenland und Italien geworfen. Damals waren alle Menschen wahnsinnig negativ mit Blick auf diese Märkte. Seitdem hat sich Griechenland mehr als verdoppelt und die anderen sind zwischen 30 und 40 Prozent gestiegen. Ich halte diese europäischen immer noch. Dazu habe ich auch ein paar Schweizer Aktien. Hauptsächlich natürlich Pharmatitel und Versicherungsaktien. Aber ja, ich halte zum ersten Mal in meinem Leben Aktien in Europa. Wenn die Aktien fallen würden, würde ich sogar in Europa zukaufen. Die Bewertungen sind teils noch immer niedrig.
Und haben Sie noch ein bis zwei heiße Tipps auf Lager?
Heiße Tipps? Nein, hier in Thailand habe ich heißes Wetter, jeden Tag zwischen 35 und 40 Grad. (lacht)
Herr Faber, vielen Dank für das Interview.
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