Es weckt Erinnerungen an 2022, als Russland im Rahmen eines Manövers große Truppen nahe der Ukraine zusammenzog und dann einfach einmarschierte. Heute startet ein weiteres Manöver: Bei Sapad 2025 trainiert Russland gemeinsam mit Belarus, wie man den Westen auf Abstand hält. Die Aktionen nahe der Grenze zur EU (NATO) lösen Besorgnis aus, vor allem in Polen.
Vor dem Hintergrund massiver Spannungen mit dem Westen hat am Morgen das gemeinsame Großmanöver von Weißrussland und Russland begonnen. Schauplätze der bis zum 16. September dauernden Übung namens 'Sapad 2025' ("Westen 2025") sind mehrere Truppenübungsplätze in Belarus und Russland sowie die Ostsee und die Barentssee, heißt es einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums in Moskau (siehe auch Video unten).
Trainiert werden solle das Zusammenwirken verschiedener Truppenteile, besonders zwischen Kommandeuren und Stäben bei der gemeinsamen Abwehr einer Bedrohung.
Nach Angaben aus Moskau nehmen an der Übung auch Beobachter und Truppenkontingente anderer Partnerländer Russlands teil. Das betrifft speziell den von Russland dominierten Militärblock OVKS und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit.
Die Bundesregierung schickt keine Beobachter. "Vor dem Hintergrund des fortdauernden russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die Bundesregierung in enger Abstimmung mit unseren Partnern und Verbündeten entschieden, bis auf Weiteres keine Maßnahmen nach dem Wiener Dokument auf den Gebieten Russlands und Belarus durchzuführen", teilte die Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums mit.
Zur Zahl der eingesetzten Soldaten und Truppenverbände hat Moskau keine offiziellen Angaben gemacht. Nach westlichen Schätzungen sind insgesamt etwa 30.000 Soldaten involviert, davon etwa 8.000 Soldaten auf belarussischem Boden. Andere Experten gehen von einer Beteiligung von mindestens 100.000 Personen aus.
Aus der Belarus-Hauptstadt Minsk hieß es zuletzt offiziell, dass der Umfang des Manövers verringert und Teile der Übungen ins Landesinnere verlegt würden, um die Spannungen mit den westlichen Nachbarländern zu senken. Beim Manöver soll aber auch die Mittelstrecken-Rakete 'Oreschnik' getestet werden, die potenziell Atomsprengköpfe tragen kann.
Im Vergleich zu früheren Übungen könnte das Manöver diesmal deutlich kleiner ausfallen. An Sapad 2021 nahmen rund 200.000 Soldaten teil. Russland nutzt diese Manöver auch, um Militärgerät in Regionen zu transportieren, die als Aufmarschgebiet dienen. 2021 verlagerten die russischen Streitkräfte Ausrüstung nach Belarus. Im Februar 2022 startete dann den Angriff auf die Ukraine.
Die Beziehungen Russlands zur EU und Nato sind stark angespannt, weil erst in dieser Woche über Polen mehrere russische Drohnen aufgetaucht und dann abgeschossen wurden. Polen und Litauen hatten daraufhin den Luftraum geschlossen, Polen auch die Landesgrenze zu Belarus. Gleichzeitig zog Polen rund 40.000 Soldaten an den Grenzen zu Weißrussland und Russland zusammen.
Mancher Skeptiker rechnet dann auch damit, dass die Übungen als Vorbereitung für Angriffe auf Polen und das Baltikum dienen – einschließlich der Suwałki-Lücke, einem schmalen Korridor zwischen Belarus und Kaliningrad, beziehungsweise zwischen Polen und Litauen. Bei den Übungen könnten auch Angriffe auf Warschau, Vilnius, Riga und Tallinn simuliert werden. Die NATO-Aufklärungssatelliten werden wohl auf Hochtouren laufen und insbesondere Daten aus Belarus sammeln.
Das Eindringen der russischen Drohnen auf NATO-Gebiet wird in Polen übrigens nicht nur als Akt der militärischen Aggression, sondern vor allem als Teil von Moskaus psychologischer Kriegsführung gewertet. Die Regierung in Warschau beantragte wegen des Vorfalls in der Nacht zum vergangenen Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Allerdings kann Russland dort wegen seines Veto-Rechts jegliche Entschlüsse zu seinen Lasten blockieren.
Deutschland verstärkte als Reaktion auf die Verletzung des polnischen Luftraums seine Beteiligung am Schutz der NATO-Ostgrenze. Die Überwachung des Luftraums über Polen durch deutsche Kampfjets werde verlängert und ausgeweitet, teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius mit.
Während die Vorgänge im Rahmen des Großmanövers bei Politikern und Militärs Sorgenfalten hervorrufen, halten sich die Börsianer gemäßigt zurück. Allgemein bröckeln die Indizes zwar leicht ab, halten sich jedoch in Grenzen. Der DAX steht am Mittag mit 0,3 Prozent in der Kreide, der MDAX gibt um 0,1 Prozent nach.
Auch die Aktien von Rheinmetall und Renk bewegen sich nur wenig, sie schwanken um ihre Vortagsschlussstände. Lediglich die Aktie von Hensoldt gibt mit gut vier Prozent auf unter 92 Euro am MDAX-Ende deutlicher nach. Die charttechnisch viel beachtete 50-Tage-Linie wurde wieder unterschritten.
Die Stimmung bei den Titeln aus dem Rüstungs- und Verteidigungssektor bleibt angesichts der bestehenden geopolitischen Konflikte intakt, auch wenn die Hensoldt-Aktie vor dem Wochenende schwächelt. Die anhaltenden Aufrüstungsbemühungen in der EU, die für prall gefüllte Auftragsbücher bei den Unternehmen sorgen, tragen zu den unverändert positiven längerfristigen Aussichten bei.
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12.09.2025, 13:00