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Foto: Covestro
18.11.2021 Thorsten Küfner

Covestro-Finanzvorstand Toepfer: "Wir sind ausverkauft"

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Es läuft derzeit absolut rund bei Covestro. Der Leverkusener Chemieriese legte kürzlich erneut sehr starke Zahlen für das dritte Quartal vor und hob wieder einmal die Gesamtjahresprognose an. DER AKTIONÄR sprach anlässlich der jüngsten Bilanzvorlage mit dem Finanzvorstand des DAX-Konzerns, Dr. Thomas Toepfer.

Sehr geehrter Herr Dr. Toepfer, man liest derzeit viel darüber, dass das Wachstum in China nachlässt. Inwiefern spürt dies Covestro als stark in China positioniertes Unternehmen?

In unseren Zahlen spürt man keine Abschwächung. Wir sind in den ersten neun Monaten 2021 sehr gut gewachsen, auch in China. Und jetzt, im dritten Quartal, haben wir den Umsatz in allen Regionen um über 50 Prozent steigern können im Vergleich zum Vorjahr. Das zeigt ganz eindeutig: Die Nachfrage nach unseren Produkten ist ungebrochen. Denn wir beliefern wichtige Trends, so dass unsere Produkte sehr stark von den aktuellen Themen profitieren: Wir bieten für das Thema Energie einsparen Lösungen durch Isoliermaterialien oder bei E-Mobilität Materialien für leichtere Autos.

Man kann es wirklich so formulieren: Wir sind ausverkauft bis zum Ende des Jahres. Und wir hätten einen noch höheren Umsatz erzielen können, wenn wir mehr Material verfügbar gehabt hätten. Es ist derzeit wirklich nicht die Nachfrageseite, die das Ganze limitiert, sondern das Angebot.

Insofern gelten die angesprochenen Trends genauso auch für China. Wir machen dort sehr gute Geschäfte mit unseren nachhaltigen Lösungen. Wir sehen in unseren Zahlen nicht, dass es sich in China abgeschwächt hätte. Natürlich gibt es auch dort eine gewisse Normalisierung, die an geringeren Wachstumsraten ablesbar ist. Aber wir sind weiterhin sehr zuversichtlich gestimmt.

Wie bewerten Sie die aktuelle Lage und die Aussichten für die Märkte in Europa und in Amerika?

Wir konnten die Dynamik aus dem ersten Halbjahr sehr gut in das dritte Quartal mitnehmen, haben unser operatives Ergebnis (EBITDA) mit 89 Prozent fast verdoppelt. Und wir sehen nun, dass sich dieses gute Momentum auch im vierten Quartal fortsetzt. Das ist auch der Grund, weshalb wir unsere Prognose noch einmal angehoben haben. Wir prognostizieren nun für das Gesamtjahr ein EBITDA zwischen 3,0 und 3,2 Milliarden Euro.

Insgesamt haben wir ein Umfeld, in dem unsere Produkte stark nachgefragt werden und in dem wir extrem gut positioniert sind. Und deswegen gehen wir mit großer Zuversicht in den Jahresendspurt.

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Dr. Thomas Toepfer ist seit 2018 Finanzvorstand des Chemieriesen Covestro.

Bei unserem letzten Interview im März ging es unter anderem um die ungewöhnliche Lage bei den Produktionskapazitäten für TDI und MDI. Hat sich hier die Lage mittlerweile wieder normalisiert und mit welcher Entwicklung rechnen Sie in den kommenden Monaten?

Bei MDI haben wir tatsächlich eine sehr ausgeglichene Angebots-Nachfrage-Situation. Das Entscheidende dabei: Die Nachfrage nach MDI wird künftig weiter wachsen, weil der Bedarf an Isolierlösungen – insbesondere für Gebäude, aber auch für Elektrogeräte wie etwa Kühlschränke - weiter steigen wird. Für uns ist MDI also ein Produkt, bei dem wir extrem gut positioniert sind. Das zusätzliche Angebot der Wettbewerber, das an den Markt kommt, wird tendenziell eher unter der zusätzlichen Nachfrage liegen. Daher sehen wir bei MDI sehr gute Chancen für die kommenden Monate und Jahre.

Bei TDI ist es immer ein bisschen volatiler. Da ist ein höheres Angebot im Markt vorhanden, aber es steht nicht immer zur Verfügung. Im Augenblick sind auch die TDI-Preise auf einem sehr hohen Niveau. Das kann sich in einzelnen Quartalen sehr positiv entwickeln, aber auch nach unten schwanken. Wir gehen aber auch hier davon aus, dass die Nachfrage weiter wächst.

Andere Themen im Frühjahr waren Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Konnten hier zuletzt weitere Fortschritte erzielt werden?

Nachhaltigkeit ist für uns wirklich ein fundamentales Thema. Und es ist auch Teil unserer Vision, Covestro vollständig auf die Kreislaufwirtschaft auszurichten. Dafür investieren wir in den nächsten zehn Jahren gezielt rund eine Milliarde Euro in Projekte zur Kreislaufwirtschaft.

Besonders interessant: Wir müssen, um nachhaltiger zu werden, nicht unseren kompletten Anlagenpark umrüsten – das betrifft eher andere Industrien oder Wettbewerber. Unsere bestehenden Anlagen funktionieren auch jetzt schon mit sogenannten Drop-in Solutions. Damit können wir ohne große technische Umstellung biobasierte Rohstoffe in unserer Produktion verarbeiten. Bei uns geht es daher eher darum, punktuell zu investieren, um noch mehr alternative Rohstoffe oder Erneuerbare Energien für unsere Produktion zu nutzen.

Einen weiteren Fokus legen wir auf das Recycling von Produkten am Ende ihres Lebenszyklus – vor allem auf das chemische Recycling, das wir für die deutlich intelligentere Variante halten. Hier sind wir ganz vorne dabei. Zum Beispiel leiten wir ein EU-Projekt namens „Circular Foam“. Hier geht es mit 22 Partnern aus verschiedenen Ländern darum, den Kreislauf für Hartschäume zu schließen – ein Material, das etwa für Isolierungen von Kühlschränken genutzt wird. Wir haben außerdem in Leverkusen eine Pilotanlage in Betrieb genommen, in der wir Weichschäume – wie sie beispielsweise in Matratzen vorkommen – komplett chemisch recyceln können. Hier haben wir ein Verfahren, das unserer Meinung nach industrieführend ist. Genau in diese Innovationen fließen unsere Investitionsmittel. Denn wir glauben, dass wir hier einen echten Beitrag leisten und entscheidende Elemente liefern können, um Stoffkreisläufe zu schließen.

Viele Firme fokussieren sich beim Recycling auf PET-Flaschen, Sie haben das Recycling von Matratzen angesprochen. Zählen Sie bei diesen Weichschäumen sozusagen zu einer Art „erlesenen Kreis“?

Bei PET-Flaschen besteht das Recycling aus einer relativ einfachen, mechanischen Vorgehensweise, nämlich die Flaschen kleinzuschneiden, das Granulat einzuschmelzen und etwas Neues daraus zu machen. Der Nachteil: Das funktioniert natürlich nur, wenn man sehr sortenreines Material hat. Außerdem verliert man bei jedem Kreislauf Produktqualität. Bei Matratzen wird man niemals sortenreines Material haben. Daher geht es dann vielmehr darum, das Ganze chemisch zu recyceln. Sprich die Molekülketten chemisch zu zerteilen, um damit zu den echten chemischen Ausgangsstoffen zu kommen. Daraus können wir mit unserem Verfahren dann wieder TDI herstellen, das wiederum für neue Matratzen genutzt wird. Bei diesem Verfahren sind wir sicherlich führend und deshalb engagieren wir uns auch mit mehreren Partnern, um weitere Lösungen zu finden, die nicht nur im Reagenzglas funktionieren, sondern auch im industriellen Maßstab.

Covestro (WKN: 606214)

Inwieweit wäre die CO2-Abscheidung für den Einsatz in ihren Anlagen geeignet?

Wir sind grundsätzlich technologie-offen. Und das halte ich auch für wichtig, dass die Industrie an verschiedensten Lösungen arbeitet. Was für uns aber im Fokus steht, ist vor allem das Vermeiden von CO2 und nicht das Auffangen von CO2. Wir versuchen vor allem unsere Anlagen auf biobasierte Rohstoffe umzustellen und den Energiemix in Richtung Erneuerbare Energien zu bringen. Sollte das Vermeiden nicht komplett gelingen, können auch solche Lösungen in Frage kommen. Aber der Fokus liegt im Augenblick woanders.

Schon jetzt ist man bei Covestro beim Thema „ CO2 als Rohstoff“ relativ weit. Ist man hiermit bereits profitabel?

Produkte mit CO2 als Rohstoff gibt es bei uns nicht nur in unseren Innovationslaboren. W wir verkaufen diese Produkte bereits an Kundinnen und Kunden und die wiederum verkaufen es an den Endverbraucher in Form von Matratzen, bei Polsterungen in Autoinnenräumen, Sportböden oder Textilfasern. Es ist also ein komplett industrialisiertes und wirtschaftliches Produkt. Die Nachfrage danach ist zwar noch in den Kinderschuhen, aber die Wachstumsraten werden kommen, da auch der Endverbraucher immer bewusster solche Lösungen nachfragt. Das Thema CO2 als Rohstoff ist also nicht nur ein Projekt aus der Forschung, sondern in unseren Vertriebsabteilungen angekommen.

Für die vielen Dividendenjäger unter unseren Lesern: Sehen Sie die Ausschüttungsquote für die 2021er-Dividende eher am unteren oder am oberen Ende der Spanne von 35 bis 55 Prozent?

Unsere Ausschüttungsquote basiert ja auf dem Jahresüberschuss, von dem wir 35 bis 55 Prozent ausschütten. Dabei bewegen wir uns in sehr guten Jahren eher in der unteren Hälfte. In etwas schwächeren Jahren wird die Ausschüttungsquote dann auch eher in der oberen Hälfte liegen. Ich würde 2021 sicherlich als ein sehr gutes Jahr bezeichnen, daher wird es wohl eher die untere Hälfe werden – aber nicht das ganz untere Ende. Die Aktionärinnen und Aktionäre können also mit einer sehr attraktiven Dividende für das Jahr 2021 rechnen. Denn selbst das untere Ende des Korridors würde bedeuten, dass sich die Dividende im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln würde.

Sie müssten einen Freund davon überzeugen, für die nächsten 10 bis 20 Jahre in Covestro zu investieren. Welche drei Hauptargumente würden Sie vorbringen?

Wir haben Lösungen, die in Zukunft extrem an Bedeutung gewinnen werden. Denn was ist wirklich relevant? Der Kampf gegen den Klimawandel! Und dazu braucht es einfach innovative Materialien und Lösungen: Beschichtungen für Windräder, Leichtbau für Elektroautos oder Isolierungen, um bei Gebäuden Energie zu sparen. Wir bedienen diese Megatrends.

Zum anderen sind wir auf dem Weg, selbst ein zirkuläres Unternehmen zu werden, was meiner Meinung nach in der Chemiebranche entscheidend sein wird, wenn man seine „license to operate“ als Unternehmen langfristig behalten will. Wir bedienen also genau die Trends, die langfristig an Bedeutung gewinnen werden.

Und meiner Meinung nach sind wir auch bei den Perspektiven für den Aktienkurs und für die Dividende ein attraktives Unternehmen für jemanden, der investieren möchte.

Das aktuelle Marktumfeld spielt Covestro voll in die Karten. Das Unternehmen ist hervorragend positioniert, um von zahlreichen nachhaltigen Trends zu profitieren. Zudem ist die Bewertung mit einem KGV von 7 immer noch sehr günstig. Der Blue Chip bleibt daher ein Kauf (Stopp: 47,00 Euro). 

Mehr über Covestro-Aktie sowie welche sieben Aktien besonders gute Chancen auf einen starken Jahresendspurt haben, erfahren Sie in der neuen Ausgabe 47/2021 des AKTIONÄR.

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