Der AKTIONÄR-Tipp Nio war in letzter Zeit nicht zu bremsen – so schien es zumindest: 52,8 Prozent Gewinn in nur acht Wochen. Zusätzlich hat Nio gerade seinen besten Monat aller Zeiten erlebt. Der chinesische E-Auto-Hersteller hat im August mit 31.305 ausgelieferten Fahrzeugen einen neuen Rekord aufgestellt. Doch zum US-Handelsstart fällt die Aktie heute um rund zehn Prozent. Die Meldung einer Kapitalerhöhung verschreckt Anleger.
Nio gab heute bekannt, über 180 Millionen neue Aktien im Gesamtwert von einer Milliarde Dollar auszugeben. Mit dem frischen Kapital will der Konzern in Kerntechnologien für smarte Elektroautos investieren. Neben der Entwicklung neuer Plattformen und Modelle soll auch das Batterietausch- und Ladenetzwerk ausgebaut werden. Damit adressiert das Unternehmen gleich zwei entscheidende Stellschrauben der Elektromobilität: den technologischen Vorsprung und die Reichweiten-Angst der Kunden.
Für diese Investitionspläne muss Nio liquide sein – und gerade dort hat der Autobauer Sand im Getriebe: Im Geschäftsjahr 2024 hatte Nio einen negativen Free Cash Flow von 2,4 Milliarden Dollar. 2025 erwarten die Bloomberg-Analysten ein Minus von 1,6 Milliarden. Bei der nun ergriffenen Kapitalmaßnahme beweist Nio cleveres Timing: Das Unternehmen nutzt wohl bewusst die Kursrally der letzten beiden Monate. Rekordverkaufszahlen und neue Modelle hatten die Aktie zuletzt kräftig nach oben getrieben. Nio-Aktionäre fürchten hingegen den Verwässerungseffekt, weshalb sich das an der NYSE gehandelte Nio-ADR heute mit Abverkäufen im großen Umfang konfrontiert sieht.
China drängt nach Europa – und Nio mischt mit
Auf der IAA Mobility 2025 in München zeigt sich diese Woche ein weiteres Mal die Machtverschiebung in der Autobranche: Mit 116 Ausstellern ist China – abgesehen von deutschen Herstellern und Zulieferern – die größte Delegation auf dem wichtigsten Branchentreffen in Europa. Der Sturm auf den Kontinent hat begonnen: „Wir sind in Europa, um zu bleiben“, verkündete etwa Stella Li von BYD auf der IAA.
Was Nio angeht, sollen die Limousine ET9 – mit einem vollelektronischen Steer-by-Wire-System, Hinterradlenkung und hydraulischer Federung – und der SUV ES9 aus dem Premium-Segment ab 2026 auf europäischen Straßen rollen. Ebenso haben die preiswerteren Submarken Firefly und Onvo vor Kurzem ihr Europa-Debüt gegeben.
Was für ein Lauf! Trotz des heutigen Absturzes können sich Anleger, die der Empfehlung in Ausgabe 30/25 gefolgt sind, die Hände reiben: Nio bringt immer noch einen satten Gewinn von beinahe 40 Prozent zu Buche. Und angesichts der rasanten Entwicklungsgeschwindigkeit, Europa-Expansion und steigenden Absatzzahlen dürfte die Geschichte noch nicht auserzählt sein. Der Rückgang dürfte kurzfristiger Natur sein. Meist beruhigt sich der Kurs nach solchen Aktienplatzierungen wieder. Nerven behalten, Position halten!
10.09.2025, 17:28