Auf der weltweit größten Automesse in Shanghai zeigte Mercedes heute, wie der Konzern seine Zukunft in China mit Software-Expertise sichern will. Im ersten Quartal ging der China-Absatz des Stuttgarter Premiumherstellers um zehn Prozent zurück. Jetzt wächst der Druck, auf dem Schlüsselmarkt wieder Boden gutzumachen, bevor die heimischen Hersteller Mercedes endgültig den Rang ablaufen.
„Wir werden die effizientesten und intelligentesten Autos vorstellen, die wir je gebaut haben“, verkündete Konzernchef Ola Källenius auf der Auto Shanghai. Er sprach von einer „Jahrhunderttransformation“: Autos als „Supercomputer auf Rädern“. Gemeinsam mit ByteDance – der Firma hinter der chinesischen Social-Media-App Tiktok – wird deren KI-Modell in die Mercedes-Fahrzeuge integriert. Herzstück der neuen Strategie ist das eigens entwickelte Betriebssystem MB.OS, das alle Funktionen im Auto intelligent vernetzt – vom Antrieb über autonomes Fahren bis hin zu Infotainment und Komfort. Es wird erstmals in den Modellen Vision V und CLA verbaut. Auch Volkswagen setzt bei seinen neuen E-Modellen auf ein selbstentwickeltes, KI-gestütztes Fahrsystem.
Die beiden softwaredefinierten Fahrzeuge stellte Mercedes ebenfalls auf der Messe vor. Der Vision V – ein nicht für den Verkauf bestimmtes Showcar – verkörpert die Vorstellung von einem futuristischen Luxus-Van mit maximalem Raumangebot und einem immersiven digitalen Erlebnis. Der überarbeitete CLA erscheint in einer speziell für den chinesischen Markt entwickelten Langversion und kombiniert eine elektrische Reichweite von bis zu 866 Kilometern mit 800-Volt-Technologie, Zwei-Gang-Getriebe, Heckantrieb und niedrigem Verbrauch.
Ab nächstem Jahr bringt Mercedes außerdem als erster deutscher Hersteller ein Serienmodell mit Steer-by-Wire-Technologie – Lenkung per Kabel statt Mechanik. Dabei entfällt die klassische Lenksäule und der Lenkbefehl wird elektronisch über ein Kabelsystem an die Vorderräder übertragen. Das System bringt nicht nur mehr Komfort für den Fahrer, sondern reduziert Bauteile, spart Gewicht und eröffnet Gestaltungsspielräume für autonome Fahrfunktionen.
China ist zum Prüfstein für deutsche Autohersteller geworden – hier entscheidet sich, ob die neuen Produktstrategien greifen. Mercedes hat die Zeichen der Zeit erkannt und setzt konsequent auf eine Hightech-Strategie. Doch das Vertrauen der Anleger ist noch nicht wieder hergestellt. Die Mercedes-Aktie ist charttechnisch angeschlagen. Solange eine nachhaltige Erholung ausbleibt und die operative Schwäche anhält, bleiben Anleger an der Seitenlinie.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Mercedes-Benz.