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ProSiebenSat.1: Turbulente Hauptversammlung voraus – Kurse aufwärts?

ProSiebenSat.1: Turbulente Hauptversammlung voraus – Kurse aufwärts?
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Martin Mrowka 23.05.2025 Martin Mrowka

Wenig überraschend haben sich die Vorstände von ProSiebenSat.1 gegen das "unangemessene" Übernahmeangebot von MediaForEurope (MFE) ausgesprochenvon. Die von der italienischen Berlusconi-Familie kontrollierte Fernsehsender-Gruppe wird wohl nachlegen müssen, Vor der anstehenden Hauptversammlung zieht die im SDAX notierte ProSieben-Aktie weiter an – trotz Trump-Drohungen.

MFE, das diverse kommerzielle TV-Aktivitäten in Italien und Spanien unterhält, hatte im März ein Angebot für ProSiebenSat.1 (P7S1) als Teil eines Vorstoßes zur Schaffung eines paneuropäischen Senders gemacht (siehe Original-Pressemitteilung). Die Italiener möchten ihren Einfluss bei ProSiebenSat.1 ausbauen, um aktiv an der strategischen Ausrichtung der deutschen Sendergruppe mitzuwirken, heißt es darin. Ziel sei, einen starken europäischen Medienverbund zu schaffen, der insbesondere im Streaming-Geschäft (Joyn) wettbewerbsfähiger gegenüber internationalen Plattformen werden soll.

ProSieben lehnt diese Strategie ab, will lieber unabhängig bleiben. Dass Großaktionär PPF, eine in Tschechien gegründete Unternehmensgruppe, seinen bisherigen Anteil von 15 Prozent auf 29,99 Prozent ausbauen will, stößt in München hingegen auf Zustimmung. PPF will den Aktionären von P7S1 nämlich 7,00 Euro pro Aktie zahlen, strebt nach eigenen Angaben aber keine Übernahme an.

ProSieben leht MFE-Angebot ab

Der vom Sohn des früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi geführte Mailänder Medienkonzern will den ProSieben-Aktionären hingegen viel weniger zahlen. Das Angebot von 4,48 Euro in bar und 0,4 MFE-A-Aktien, das jede ProSieben-Aktie somit mit 5,75 Euro bewertet, liegt allerdings nur geringfügig über dem gewichteten Dreimonatsdurchschnitt des deutschen Riesen von 5,74 Euro.

Sowohl der Vorstand als auch der Aufsichtsrat haben das freiwillige öffentliche Übernahmeangebot von MFE ein paar Wochen bewertet und nennen es nun "aus finanzieller Sicht unzureichend". ProSieben sagte, Morgan Stanley und Goldman Sachs hätten ihre Ansicht unterstützt.

Die ProSiebenSat.1-Aktie hielt sich zuletzt auffällig stabil. Selbst am Freitag-Nachmittag, als die meisten deutschen Aktien wegen Trumps Zoll-Drohungen gegen die EU abrutschen, gewinnt das SDAX-Papier im Tageshoch dreieinhalb Prozent auf 7,34 Euro.

ProSiebenSat.1-Aktie seit Dezember 2023  (Xetra)
TradingView.com
ProSiebenSat.1-Aktie seit Dezember 2023 (Xetra)

Hauptversammlung am 28. Mai

Hinter der PPF-Offerte steht ein Kräftemessen um Einfluss. PPF bezeichnete das eigene Angebot als "attraktive Alternative". Doch das Fernsehunternehmen droht durch das Patt zweier gleich starker Aktionäre endgültig unregierbar zu werden.

Die Angebote fallen in eine Zeit, in der der Konzern, zu dem die Streaming-Plattform Joyn und Fernsehsender wie ProSieben, Sat.1 und Kabel eins gehören, erneut Arbeitsplätze abbauen will. Gut 400 Jobs sollen wegfallen. ProSiebenSat.1, das stand einmal für Fernseherfolge wie TV Total oder die Harald Schmidt Show. Zeitweilig war der Fernsehkonzern mit Anteilen an Digitalfirmen wie Parship oder Zalando sogar im DAX notiert – ein digitales Vorzeige-Medienunternehmen.

Das ist vorbei. Das Unternehmen steckt im Umbruch. Mit Spannung wird nun die (Online-)Hauptversammlung des Fernsehkonzerns am 28. Mai in Unterföhring bei München erwartet. Sie wird ein erster Test für die Kompromissbereitschaft der Großaktionäre und des Vorstands. In diesem, beziehungsweise in früheren, rumort es ohnehin kräftig. Mehrere Vorstände werden nicht entlastet.

Screenshot aus der Tagesordnung der HV 2025 von ProSiebenSat.1
ProSiebenSat.1 Media AG
Screenshot aus der Tagesordnung der HV 2025 von ProSiebenSat.1

Der Zoff um die Nichtentlastung der Vorstände wird noch ergänzt durch die Wahl eines neuen Aufsichtsrats. Der bisherige Vorsitzende, Andreas Wiele, hört nach nur drei Jahren schon wieder auf. Auch die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder Katrin Burkhardt und Simone Scettri endet mit der diesjährigen HV (siehe Einladung zur HV).

Die Mehrheitsverhältnisse werden nicht auf der HV geklärt. Nach deutschem Recht muss ein Großaktionär sämtlichen Aktionären ein Übernahmeangebot machen, sobald die Schwelle von 30 Prozent der stimmberechtigten Aktienanteile überschritten wird. Annehmen muss dieses jedoch niemand. Denn ein Pflichtangebot bedeutet nicht, dass Aktionäre verkaufen müssen. Jeder kann selbst entscheiden, ob er das Angebot annimmt. Zu einem Squeeze-out käme es erst ab 95 Prozent. Erst dann kann der Käufer die verbliebenen Minderheitsaktionäre per Squeeze-out herausdrängen und das Unternehmen vollständig übernehmen.

Das niedige MFE-Angebot läuft noch bis zum 6. Juni 2025. PPF beabsichtigt, die eigene Angebotsunterlagen so zu veröffentlichen, dass Aktionäre dann die Möglichkeit haben, zwischen beiden Offerten zu wählen. Die genaue Annahmefrist für das PPF-Angebot wird also erst mit Veröffentlichung der Angebotsunterlage offiziell starten und voraussichtlich einige Woche laufen.

PPF hatte seinen mittlerweile 15 Prozent großen Anteil im Frühjahr und Sommer 2023 erworben – zu höheren Kursen als derzeit. Bernd Förtsch, Herausgeber von DER AKTIONÄR, hält ebenfalls ein paar Anteile an P7S1. Er geht davon aus, dass PPF ein Paket von knapp 30 Prozent an ProSiebenSat1 problemlos für 8, 9 oder mehr Euro an MFE verkaufen könnte (siehe Editorial der Ausgabe 22/2025). Die Italiener hätten dann schlagartig die Kontrolle über das Unternehmen und PPF hätte seine Position mit Gewinn verkauft. Für Kleinanleger, die möglicherweise zu Kursen über 10 Euro eingestiegen sind, ist das kein Trost.

ProSiebenSat.1 war zuletzt keine laufende Empfehlung des AKTIONÄR. Wer investiert ist, kann aber weiter an Bord bleiben und auf ein höheres Übernahmeangebot spekulieren. Wobei die unterschiedlichen Interessen das in Neuausrichtung befindliche Unternehmen behindern.

Auch auf der nahenden HV wird es keine endgültige Klärung der Mehrheitsverhältnisse und der Zukunft des Medien-Konzerns geben. Das erfolgt wohl erst nach Ablauf der Fristen im Spätsommer. Dabei ist theoretisch auch eine Aufgabe der Übernahmepläne durch MFE möglich. Diese könnten ihre Anteile dann wohl nur über die Börse verkaufen.

Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: ProSiebenSat.1 Media.

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