Target liefert Zahlen, die besser aussehen als sie sind: Umsatz und Gewinn übertreffen die Erwartungen leicht – und trotzdem bleibt der Einzelhandelskonzern auf der Rutschbahn. Bei der Neubesetzung des CEO-Posten setzt der zweitgrößte Einzelhändler der USA auf ein Eigengewächs. Anleger quittieren das mit Verkäufen. Die Aktie verlor am Mittwoch zeitweise zweistellig.
Auf den ersten Blick wirkt das Ergebnis solide: Der Umsatz im zweiten Quartal ging mit minus 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr nur leicht zurück auf 25,2 Milliarden Dollar und lag damit über den Prognosen der Bloomberg-Analysten, die mit 24,9 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Gegenüber dem ersten Quartal legte der Umsatz sogar zu. Beim Gewinn je Aktie übertraf der Einzelhändler mit 2,05 Dollar die Erwartung von 2,02 Dollar ebenfalls knapp. Das EBITDA sackte jedoch um satte 12,2 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar ab.
Für den Unmut der Anleger sorgt indes vorwiegend die Personalie an der Unternehmensspitze: Michael Fiddelke übernimmt am 1. Februar 2026 von Brian Cornell. Fiddelke ist kein Neuling – seit 2003 durchlief er vom Praktikanten bis zum CFO und COO die ganze Laufbahn innerhalb des Unternehmens. Branchenkenner bescheinigen ihm daher Detailwissen in nahezu allen Bereichen. Trotzdem richteten sich die Hoffnungen auf einen frischen Impuls von außen: „„Die Investment-Community hätte einen externen Kandidaten bevorzugt, um einen grundlegenden Wandel bei Target anzustoßen“, schrieb David Bellinger, Analyst bei Mizuho.
Michael Fiddelkes To-Do-Liste
Denn die operativen Herausforderungen sind immens: Die Erlöse schrumpfen seit zwei Jahren, 2025 dürfte das dritte Minusjahr in Serie werden. Die gesenkte Jahresprognose – ein Gewinn je Aktie zwischen sieben und neun Dollar bei leicht rückläufigem Umsatz – wurde beim Earnings Call immerhin bestätigt. Aber Spielraum in der Preispolitik fehlt, die E-Commerce-Sparte bleibt im Vergleich zu Walmart mickrig und Kundenzufriedenheit ist Mangelware. Mangelndes Warenangebot, zu wenig Personal, chaotische Filialen. Kunden wandern deshalb zu Walmart, Amazon und anderen Einzelhändlern ab.
Hinzu kommt die Zollproblematik. Target importiert einen großen Teil seines Sortiments – insbesondere Kleidung, Haushaltswaren und Spielzeug – aus Asien. Damit treffen die Zölle den Konzern deutlich härter als beispielsweise Walmart. „Die Gewinn- und Verlustrechnung dieses Jahres wird kurzfristig unter den Kosten durch Zölle leiden“, warnte der aktuelle Target-CEO Cornell.
Fiddelke selbst zeigt sich kämpferisch: „Ich kenne dieses Geschäft und weiß, was Target einzigartig macht. Ich habe das Unternehmen in Hochphasen erlebt, aber auch in schwierigen Zeiten – und genau daraus speist sich meine klare Einschätzung, wo wir heute noch Handlungsbedarf haben.“ Der zukünftige CEO will das Sortiment und Design von Target auffrischen, die Stores kundenfreundlicher gestalten und durch Technologie-Investitionen interne Abläufe schneller und effizienter machen.
Analysten sehen Target jedoch noch nicht über dem Berg. Bernstein-Analyst Zhihan Ma bestätigte das Underperform-Rating. Er sieht den Kurs in den nächsten 12 Monaten nur noch bei 86 Dollar.
Während Walmart sich mit Amazon um die Krone des US-Einzelhandels streitet und das Unternehmen dank seiner Marktmacht die Preise diktieren kann, steckt Target weiter fest. Die Liste an Baustellen ist lang – das spiegelt sich an der Börse deutlich wieder: Walmart notiert auf Jahressicht 37 Prozent im Plus. Target dagegen mit minus 33 Prozent tief im roten Bereich. Die Kaufempfehlung in Ausgabe 34/25 lautete daher: Walmart!
20.08.2025, 17:12