Mario Draghi hat es getan. Zwar kauft die Europäische Notenbank mindestens bis Ende des laufenden Jahres weiter monatlich Anleihen. Und auch die Negativzinsen für Geschäftsbanken für Einlagen bei der Notenbank bleiben bei -0,4 Prozent. Aber Draghi hat trotzdem den Weg für eine Zinswende in der Eurozone geebnet. Die eine Formulierung, dass eine weitere Zinssenkung für die EZB eine Option sei, hat der Italiener kürzlich in einer Rede erstmals seit sechs Jahren weggelassen.
Einstelliges KGV voraus
Für die Deutsche Bank ist die Zinswende wichtiger als die jüngste Kapitalerhöhung vom April und der Abbau der Rechtsrisiken. Denn nur mit höheren Zinsen kann das Geldhaus im Retailbanking wieder profitabel arbeiten. Die Voraussetzungen dafür hat das Management zuletzt gelegt: Die Deutsche Bank steigt zum Marktführer im Privatkundengeschäft auf, wenn die Reintegration der Postbank in den Mutterkonzern abgeschlossen ist. Dann betreut die Sparte 20 Millionen Kunden. Da es beim Brot- und Buttergeschäft auf Größe ankommt, war es genau die richtige Entscheidung, die Postbank zu behalten. Höhere Zinsen heißt automatisch höhere Einnahmen bei Krediten, die Zinsspanne steigt.
Milliardenregen voraus
Konkret bedeutet das für die Deutsche Bank: Jede Zinserhöhung der EZB in Höhe von 25 Basispunkten würde das Nettozinseinkommen um 350 Millionen Euro steigen lassen. Zwei Zinsschritte in der zweiten Jahreshälfte 2018 sind durchaus realistisch. Heißt für Cryan: 700 Millionen Euro mehr Gewinn im kommenden Jahr. Das hat Folgen für die Bewertung. Mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von nur 0,5 ist die Aktie schon jetzt unterbewertet. Der Median der Peergroup liegt bei 0,8. Das KGV wird im kommenden Jahr bei nur 9,6 erwartet. Rechnet man zwei Zinserhöhungen in 2018 mit ein, kann die Kennzahl allerdings bis auf 8 fallen. Dann wäre die Deutsche Bank wohl eine der günstigsten Aktien im DAX.
Marktführer zum Schnäppchenpreis
Die Deutsche Bank schafft mit der geplanten Reintegration der Postbank beste Voraussetzungen für die Zinswende. Die einstellige Bewertung beim KGV kann 2018 nochmals attraktiver werden, wenn Draghi zweimal die Zinsen nur leicht erhöht.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 25/2017 des AKTIONÄR