Der Lkw-Riese Daimler Truck muss erneut zurückrudern: Wegen schwacher Auftragseingänge in Nordamerika senkt das Unternehmen zum zweiten Mal binnen drei Monaten seine Prognose – beim Umsatz, beim Gewinn und beim Absatz. Die Anleger reagieren verschnupft. Das steckt hinter dem erneuten Rückschlag.
Daimler Truck kommt nicht zur Ruhe. Der Nutzfahrzeughersteller hat am Donnerstagabend erneut seine Jahresziele gesenkt – und zwar quer über alle relevanten Kennzahlen. Als Grund nannte der DAX-Konzern die weiterhin angespannte wirtschaftliche Lage in Nordamerika sowie die Zurückhaltung bei Neuaufträgen infolge der Zoll-Unsicherheit in den USA.
Im Industriegeschäft (ohne Finanzdienstleistungen) peilt CEO Karin Rådström jetzt nur noch einen Umsatz zwischen 44 und 47 Milliarden Euro an. Zuvor war Daimler Truck noch von 48 bis 51 Milliarden Euro ausgegangen. Auch beim bereinigten EBIT wird das Ziel deutlich zurückgenommen: Statt wie bisher 4,4 bis 5,1 Milliarden Euro rechnet das Management jetzt nur noch mit 3,6 bis 4,1 Milliarden Euro. Die Marge dürfte auf sieben bis neun Prozent sinken (zuvor: acht bis zehn).
Noch deutlicher fällt die Korrektur beim Absatz aus: Statt 430.000 bis 460.000 Trucks erwartet der Konzern für 2025 nur noch 410.000 bis 440.000 Einheiten. Besonders stark betroffen: das Nordamerika-Geschäft. Die Prognose für Trucks North America wird von 155.000 bis 175.000 auf 135.000 bis 155.000 Fahrzeuge gestutzt.
Auftragslage verschlechtert sich spürbar
„Nach einem starken ersten Halbjahr in Nordamerika haben die letzten Monate einen deutlichen Rückgang der Auftragseingänge gezeigt“, sagte Finanzchefin Eva Scherer. Die Unsicherheit rund um die von Donald Trump angedrohten US-Zölle belastet offenbar die Investitionsbereitschaft der Kunden. Als Konsequenz wurden Fertigungskapazitäten angepasst.
Im zweiten Quartal war der Umsatz bereits um fünf Prozent auf 12,6 Milliarden Euro zurückgegangen, der Nettogewinn brach sogar um 61 Prozent auf 310 Millionen Euro ein. Positiv: Die operative Marge im Industriegeschäft hielt sich mit 9,3 Prozent stabil.
Sparprogramm in Europa greift – doch das reicht nicht
Um gegenzusteuern, treibt Daimler Truck das laufende Sparprogramm für die europäische Marke Mercedes-Benz Trucks voran. Bis 2030 sollen mehr als eine Milliarde Euro eingespart und rund 5.000 Stellen in Deutschland abgebaut werden. In einem zunehmend digitalisierten Lkw-Markt mit hoher Konkurrenz reicht das allein aber nicht, um Investoren zu überzeugen.
Die Aktie reagierte prompt: Im nachbörslichen Handel gab das Papier rund drei Prozent nach.
Daimler Truck bleibt ein Schwergewicht mit Innovationsanspruch. Doch im aktuellen Marktumfeld ist das zu wenig. Die zweite Prognosesenkung binnen drei Monaten unterstreicht die strukturellen Schwächen: eine hohe Abhängigkeit vom zyklischen Nordamerika-Geschäft, operative Volatilität und strategische Verzögerungen bei Schlüsseltechnologien. Bei der Elektrifizierung fehlen die Serienstückzahlen, die Brennstoffzellen-Offensive kommt nicht in Schwung, und die Partnerschaft mit Torc Robotics liefert bislang keine greifbaren Ergebnisse. Auch das laufende Sparprogramm in Europa ist zwar notwendig, birgt aber Risiken für Produktivität und Stimmung. DER AKTIONÄR hält daher an seiner Einschätzung fest: Das Papier ist derzeit kein Kauf.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Daimler Truck Holding AG.
31.07.2025, 20:50