Unicredit macht jetzt ernst mit ihren Übernahmeplänen: Die italienische Großbank schiebt sich überraschend vor den deutschen Staat – und sorgt mit der jüngsten Aufstockung ihrer bestehenden Commerzbank-Beteiligung für mächtig Wirbel. Der Kurs-Rally ist beeindruckend, aber nicht ohne Fragezeichen.
Im Übernahmepoker um die Commerzbank hat sich die Lage über Nacht zugespitzt. Die italienische Unicredit hat ihren Anteil überraschend von knapp unter zehn auf rund 20 Prozent verdoppelt – und überholt damit den Bund als größten Aktionär. Möglich machte das die Umwandlung von Finanzinstrumenten in Aktien, ein Schritt, der von EZB und Bafin bereits genehmigt wurde. Weitere neun Prozent hält Unicredit weiterhin über Derivate – und könnte mit einer weiteren Umwandlung bald an die 30-Prozent-Schwelle stoßen, ab der ein Pflichtangebot fällig wäre.
Die Reaktion der Commerzbank? Eisige Ablehnung. Vorstand und Arbeitnehmer lehnen eine Übernahme weiterhin entschieden ab. Auch aus der Politik kommt zunehmend Gegenwind: Kanzler Friedrich Merz (CDU) stellte sich zuletzt hinter die Unabhängigkeit der Bank, eine Übernahme ist nicht im Interesse der Bundesregierung. Unicredit-Chef Andrea Orcel hingegen sieht nach wie vor Vorteile in einem Zusammenschluss – doch sein Werben stößt in Berlin auf taube Ohren.
An der Börse sorgt das Tauziehen um Macht und Kontrolle dennoch für Fantasie. Die Aktie der Commerzbank steigt am Mittwoch um rund 2,5 Prozent, getragen vom allgemeinen Auftrieb im europäischen Bankensektor. Der Stoxx Banks notierte auf dem höchsten Stand seit 2008.
Die Fronten im Commerzbank-Übernahmekrimi verhärten sich. Während Unicredit ihren Einfluss ausbaut, formiert sich in Frankfurt und Berlin der Widerstand. Für Aktionäre bedeutet das: Das Thema Übernahme bleibt ein starker Treiber – kurzfristig. Doch die Aktie ist heiß gelaufen. Kurzum: Wer noch nicht investiert ist, sollte sich aktuell besser anderweitig umsehen. Die deutlich günstigere Banco Santander etwa bietet nicht nur attraktive Kennzahlen, sondern auch weniger politischen Ballast.
Enthält Material von dpa-AFX
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.