Motivation der ganz besonderen Art? Oder eine düstere Vision eines visionären Genies? Fakt ist: Die Brandrede, die Jeff Bezos vor seiner Belegschaft gehalten hat, geht Amazon-Aktionären durch Mark und Bein. Die Aktie, die monatelang nur nach oben gelaufen ist, fällt wieder unter die Marke von 1.600 Dollar.
Jeff Bezos spricht Klartext: „Amazon ist nicht zu groß, um zu scheitern“, warnte der CEO und Gründer des E-Commerce-Giganten in der vergangenen Woche auf einem Meeting mit Topmanagern. „Ich prophezeie, dass Amazon eines Tages scheitern wird. Amazon wird pleitegehen.“
Der Anfang vom Ende sei gekommen, wenn Amazon beginne, sich auf sich selbst, statt auf seine Kunden zu konzentrieren. Er liebe die Unzufriedenheit seiner Kunden, so Bezos. Es sei ein Ansporn, sich täglich weiter zu verbessern.
Für Amazon gibt es laut Bezos nur einen einzigen Ausweg: „Es gilt, den Tag des Scheiterns so weit wie möglich hinauszuzögern.“
Mit seiner Provokation spielt Bezos auf die These des Marketingprofessor Scott Galloways an. Der hatte vor knapp einem Jahr den heute wertvollsten Konzernen eine begrenzte Lebensdauer attestiert. Bezos sagte in der vergangenen Woche: „Die Lebenserwartung von größeren Unternehmen beträgt nicht 100 Jahre, sondern eher 30+ Jahre.“
Noch Luft – langfristig
Bezos' Rede zeigt: Solange er bei Amazon das Sagen hat, wird sich bei dem E-Commerce-Giganten niemand auf seinen Lorbeeren ausruhen. Bezos will noch viel mehr. Er experimentiert, er scheitert, er versucht neu. Langfristig traut DER AKTIONÄR Amazon deswegen noch eine starke Kursperformance zu. Kurzfristig bleibt es stressig: Erst wenn die 200-Tage-Linie nachhaltig zurückerobert wird, sollte sich die Situation entspannen.