Die vier großen europäischen Rückversicherer – Swiss Re, Munich Re, Hannover Rück und SCOR – zeigen sich trotz nachlassender Preisdynamik weiterhin hungrig auf Risiken im Bereich der Sachschadenskatastrophen. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Ratingagentur AM Best hervor.
Die Analysten stellen klar: Der Appetit resultiert aus einer Phase der Portfolio-Neuausrichtung, der Anhebung von Anknüpfungspunkten sowie der Abkehr von aggregierten Deckungen. Zwar haben die Preise bei den Erneuerungen 2025 nachgegeben, doch die Disziplin bei Konditionen und Strukturen bleibt vorerst bestehen. „Es gibt noch keine konkreten Anzeichen, dass die Disziplin nachlässt. Vielmehr liegt der Fokus darauf, die guten Preise zu nutzen, solange sie anhalten“, so AM Best.
Auch aus den Vorstandsetagen gibt es entsprechende Signale. Sven Althoff, Vorstandsmitglied bei Hannover Rück, betonte in einer Telefonkonferenz, dass die Risikobereitschaft gegenüber Naturkatastrophen zunehme. Zwar sank das Geschäftsvolumen im Halbjahr um 2,1 Prozent – bereinigt um einen Großvertrag hätte es jedoch ein Plus von 4,5 Prozent gegeben.
Munich-Re-Chef Joachim Wenning sieht keinen schwachen Markt, sondern vielmehr eine Normalisierung nach Jahren ohne Großschäden. Das Unternehmen reduzierte bei den Erneuerungen zwar Teile seines Bestands, erwartet aber für Januar 2026 attraktive Wachstumschancen.
Auch Swiss Re zeigt Stärke: Die Schweizer steigerten ihr Vertragsprämienvolumen im Bereich P&C Re seit Jahresbeginn um drei Prozent. Damit unterstreicht die Gruppe ihre Wachstumsambitionen, trotz des Rückzugs aus der Haftpflichtsparte.
Trotz Belastungen – etwa durch die Waldbrände in Kalifornien im ersten Quartal – lieferten die vier europäischen Branchengrößen 2025 solide Ergebnisse. Diszipliniertes Underwriting, adäquate Preise und Kapitalerträge sicherten die Gewinnziele. Parallel drängen die Rückversicherer stärker in Spezialsegmente wie Cyber, Schifffahrt und Ingenieurswesen, um ihre Erträge breiter aufzustellen.
Ein Blick auf die Kennzahlen unterstreicht die Wettbewerbsfähigkeit: 2024 lag die kombinierte Schaden-Kosten-Quote im Schnitt bei 86,4 Prozent. Munich Re stach mit 82,4 Prozent hervor, während Swiss Re mit 89,9 Prozent das obere Ende markierte. Die Eigenkapitalrenditen bewegten sich im Branchendurchschnitt, wenngleich Lloyd’s mit 21,2 Prozent deutlich die Nase vorn hatte.
Sorgen bereitet laut AM Best vor allem die Entwicklung in der US-Haftpflichtversicherung. Hier stärken die Gesellschaften ihre Rückstellungen weiter – bislang ist das problemlos aus den Margen anderer Sparten finanzierbar.
Die Rückversicherer präsentieren sich nach wie vor robust und diszipliniert – auch wenn die Preisdynamik im Markt spürbar nachlässt. Branchenfavorit bleibt Munich Re. Anleger sollten die Aktie auf dem Zettel haben – die Kombination aus starker Marktstellung, hoher Profitabilität und attraktiven Wachstumschancen macht sie unverändert zur ersten Wahl im Rückversicherungssektor.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Munich Re.
01.09.2025, 07:55