Die Aktie von Scout24 steht weiter unter Druck. Während das Jahreshoch im Juli noch bei 122,40 Euro lag, notiert sie inzwischen nur noch bei rund 88,00 Euro. Viele Anleger fragen sich, ob jetzt der Moment gekommen ist, die Reißleine zu ziehen – oder ob der deutliche Abverkauf vielmehr eine überzogene Reaktion darstellt und sogar eine attraktive Kaufchance bietet.
Mehr als ein Viertel hat die Aktie des Immobilienspezialisten seit Juli verloren. Woche für Woche bröckelt der Kurs weiter ab. Auslöser der jüngsten Abwärtsbeschleunigung waren die Zahlen des Konkurrenten Rightmove vom 7. November. Die Aktie des britischen Immobilienportals brach nach neuen mittelfristigen Prognosen um rund 25 Prozent ein. Rightmove stellt für 2026 nur noch ein operatives Gewinnwachstum zwischen drei und fünf Prozent in Aussicht, nachdem bis Mitte 2025 noch bis zu neun Prozent erwartet worden waren.
Der Grund für die schwächeren Margen liegt in höheren Investitionen in neue Technologien, vor allem in Künstliche Intelligenz. Analysten von Jefferies betonten, dass der Markt künftig deutlich stärker auf den Margendruck schauen werde. Die heftige Kursreaktion sorgte branchenweit für Unsicherheit und riss auch Scout24 mit in die Tiefe – trotz unverändert stabiler operativer Entwicklung im eigenen Haus.
Ein weiterer Belastungsfaktor kam durch eine aktuelle Studie der Bank of America. Analyst David Amira verwies auf schwer einzuschätzende KI-Risiken im Kleinanzeigen-Sektor und darauf, dass die Bewertungsmultiplikatoren der Branche weiterhin über dem Marktdurchschnitt liegen. Sein Kursziel für Scout24 senkte er auf 102 Euro – ein Wert, der zwar klar über den aktuellen Kursen liegt, aber dennoch von einer Zurückhaltung des Marktes zeugt. Die Streichung seiner Kaufempfehlung belastete den Kurs zusätzlich.
Fundamental bleibt Scout24 jedoch klar auf Kurs. Das Geschäftsmodell ist robust, die Margen sind hoch und die Cashflows verlässlich. Der strukturelle Digitalisierungstrend spielt dem Unternehmen weiter in die Karten. Zudem dürfte die KI Scout24 langfristig eher helfen als schaden – etwa durch bessere Suchfunktionen, automatisierte Datenauswertung oder effizientere Prozesse bei Vermietung und Verkauf. Vielmehr eröffnet KI dem Unternehmen sogar Potenzial, sich vom Anzeigenportal zu einem umfassenden Transaktions- und Service-Ökosystem weiterzuentwickeln.
Von einer echten KI-Gefahr ist in den Zahlen nichts zu sehen. Im Gegenteil: Scout24 zählt weiterhin zu den stärksten und profitabelsten E-Commerce-Werten in Deutschland und baut seine ohnehin üppigen Margen kontinuierlich aus. Im laufenden Jahr soll das Umsatzwachstum im mittleren bis oberen Bereich von 14 bis 15 Prozent liegen. Analysten rechnen im Schnitt mit einem Umsatzplus von 14,7 Prozent und einem Anstieg der operativen Marge von 61,5 auf 62,2 Prozent.
Der Abverkauf bei Scout24 ist stark überzogen. Durch die Korrektur ist die Bewertung wieder attraktiver geworden. Das KGV liegt nur noch bei 24 – ein Niveau, das die herausragende Qualität von Scout24 nicht widerspiegelt. Die Chancen auf eine Gegenbewegung sind entsprechend hoch. Investierte Anleger reduzieren ihren Stopp von 85,50 Euro auf 75,00 Euro, um nicht durch kurzfristige Schwankungen aus dem Investment gedrängt zu werden. Neueinsteiger setzen den Stopp direkt auf dieser Höhe an.
14.11.2025, 12:35