Der deutsche Leitindex ist am Montag tief ins Minus gedreht – und das, obwohl der Tag hoffnungsvoll begann. Ein neues transatlantisches Zollabkommen ließ zunächst aufatmen, doch schnell wich die Euphorie der Ernüchterung. Marktteilnehmer kritisieren den Deal als einseitig, Ökonomen warnen vor Wachstumsrisiken. Besonders Autowerte und Halbleiter standen unter Druck.
Mit einem freundlichen Start war der Wochenauftakt am deutschen Aktienmarkt verheißungsvoll. Der DAX legte zunächst um fast ein Prozent zu und näherte sich der Marke von 24.639 Punkten – dem Allzeithoch von Anfang Juli. Doch die Freude über das neue Zollabkommen zwischen den USA und der EU hielt nur kurz. Im Handelsverlauf bröckelten die Gewinne zusehends.
Am Ende stand ein Minus von 1,02 Prozent auf 23.970 Punkten – unterhalb der vielbeachteten 21-Tage-Linie (24.124 Punkte), die als kurzfristiger Trendindikator gilt. Auch der MDAX verlor kräftig: Der Index der mittelgroßen Werte büßte 1,45 Prozent auf 31.029 Punkte ein. Der EuroStoxx 50, das Barometer für die Eurozone, gab moderater um 0,27 Prozent auf 5.337 Punkte nach. In London und Zürich wurden ebenfalls Verluste verbucht, während die US-Börsen zum europäischen Handelsschluss nahezu unverändert tendierten.
„America First“ – Europa zahlt die Zeche
Im Zentrum der Verunsicherung steht das neue transatlantische Zollpaket. Laut Vereinbarung sollen künftig auf zahlreiche europäische Exporte in die USA pauschale Zölle von 15 Prozent erhoben werden – betroffen sind unter anderem Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Während die US-Seite dies als strategischen Erfolg verbucht, fällt das Urteil europäischer Marktteilnehmer deutlich kritischer aus. Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets, spricht von einer „Niederlage Europas“: Der Deal trage unverkennbar die Handschrift von Donald Trumps „America First“-Politik. Auch Pimco-Ökonom Nicola Mai warnt: Das Wachstum der Eurozone könne infolge der Zölle um bis zu einen Prozentpunkt einbrechen – das entspräche nahezu einem Stillstand.
Autowerte litten besonders stark: Papiere von Mercedes-Benz, BMW und Porsche AG zählten zu den größten Verlierern im DAX. Auch Infineon stand unter Druck, da höhere Zölle den Export europäischer Chips verteuern könnten. Defensive Werte wie Versorger oder Versicherer hielten sich vergleichsweise stabil.
Nach einem optimistischen Start ist die Börsenstimmung am Montag gekippt. Das vermeintliche Entlastungssignal aus Washington entpuppte sich als Belastung – politisch, wirtschaftlich und psychologisch. Die Zölle könnten Europas Exportindustrie dauerhaft schwächen. Anleger sollten sich auf ein nervöses Umfeld einstellen.
Enthält Material von dpa-AFX