Der gestrige Rücksetzer wurde heute mehr als wettgemacht. Denn Deutschlands Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung sollen deutlich steigen. Das sorgte für ein Kursfeuerwerk an der Börse.
Nach einem herben Rückschlag am Dienstag hat der deutsche Aktienmarkt zur Wochenmitte eine fulminante Erholungsrally hingelegt. Ausgelöst wurde sie durch die Verständigung von Union und SPD auf ein enormes Finanzpaket für Rüstung und Infrastruktur.
Bereits in der ersten Handelsstunde knackte der Dax wieder die Marke von 23.000 Punkten, die er zu Wochenbeginn erstmals überschritten hatte. Für ein neues Rekordhoch reichte es aber nicht. Der deutsche Leitindex ging mit einem Plus von 3,38 Prozent auf 23.081,03 Punkte aus dem Tag. Es ist sein höchster Tagesgewinn seit November 2022.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen erholte sich zugleich mit einem Sprung um 6,15 Prozent auf 29.763,14 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 1,89 Prozent auf 5.489,12 Zähler hoch. Er kann wie der Dax trotz der jüngsten Turbulenzen seit Jahresbeginn prozentual zweistellige Gewinne vorweisen.
Nach oben ging es an diesem Tag auch für den Schweizer SMI , allerdings nur um 0,8 Prozent, während der britische FTSE 100 dicht am Vortagesschluss blieb. In den USA, wo die Börsen inzwischen deutlich denen Europas hinterherhinken, wurden zuletzt moderate Verluste verbucht.
Am Dienstagabend hatten CDU/CSU und SPD, die eine Koalition anstreben, ein historisch bedeutsames Finanzpaket geschnürt. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll für Verteidigungsausgaben gelockert und ein Sondervermögen für die Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro geschaffen werden. Dies wirke "wie ein riesiges Konjunkturpaket", kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Viele Branchen und Firmen dürfen sich jetzt auf zusätzliche Großaufträge freuen."
Der alte Bundestag soll die Änderungen nächste Woche beschließen. Denn: Um dafür die erforderliche Zweidrittelmehrheit zusammenzubekommen, muss die Abstimmung darüber noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen - mit zusätzlich einer breiten Unterstützung der Grünen oder der vollen Unterstützung der FDP. Im neuen Bundestag nämlich könnten AfD und Linke die Vorhaben blockieren
Am Montag hatte eine Rally von Rüstungs- und Autoaktien den Dax erstmals über 23.000 Punkte katapultiert. Nur einen Tag später erlitt er wegen Ängsten vor einem globalen Handelskrieg den heftigsten Einbruch seit drei Jahren. Laut Chartexperte Martin Utschneider von Finanzethos hat sich der übergeordnete Aufwärtstrend aber trotz dieser Verwerfungen bestätigt.
Am Mittwoch waren Infrastrukturtitel im Zuge des Finanzpakets noch stärker gefragt als Rüstungsaktien. Heidelberg Materials setzten sich mit einem Sprung von 17,5 Prozent an die Dax-Spitze, auch Siemens Energy waren gefragt. Die Papiere der Bauunternehmen und -dienstleister Bilfinger und Hochtief sowie der Logistikdienstleister Kion und Jungheinrich belegten mit prozentual zweistelligen Gewinnen vordere MDax-Plätze. Aus dem Rüstungsbereich sprangen Renk, Hensoldt und Rheinmetall um bis zu neun Prozent hoch.
Dagegen zählten die zinssensiblen Immobilienwerte angesichts kräftig anziehender Anleiherenditen zu den wenigen Verlierern.
Ansonsten standen Geschäftszahlen im Fokus. Bayer befürchtet 2025 wegen des anhaltenden Gegenwinds im Agrargeschäft einen weiter sinkenden operativen Gewinn. Dennoch wagten die Aktien einen Ausbruchsversuch. Sie legten um Dax-konforme 4,2 Prozent zu. Adidas legten nur 0,2 Prozent zu. Der Sportartikelhersteller erwartet trotz eines schwierigen konjunkturellen Umfeldes ein weiteres Wachstum, das sich gegenüber dem Vorjahr aber abschwächen dürfte. Analysten hatten insbesondere beim operativen Ergebnisziel auf mehr gehofft.
Der Spezialchemiekonzern Evonik traut sich 2025 eine weitere Verbesserung des operativen Gewinns zu, was ihm ein Kursplus von 12 Prozent bescherte. Die bereinigten operativen Ergebniskennziffern hätten im vergangenen Quartal zwar die Erwartungen deutlich verfehlt, schrieb JPMorgan-Analyst Chetan Udeshi. Der Ausblick dürfte die Anleger aber beruhigen.
Bei Freenet konnten sich die Aktionäre über ein Kurshoch seit dem Jahr 2000 freuen - zuletzt stand ein Plus von 5,9 Prozent zu Buche. Der Mobilfunk- und TV-Anbieter hofft im laufenden Jahr auf den weiteren Erfolg seines Fernsehprodukts waipu.tv. Ein Händler hob die traditionell hohen Ausschüttungen an die Aktionäre positiv hervor. Zudem könnte sich der Ausblick als konservativ erweisen. Dem Technologiekonzern Kontron gelang nach einem Auftrag gar ein Rekordhoch.
Dass SMA Solar nach einem operativen Verlust 2025 wieder schwarze Zahlen schreiben will, bescherte dem Wechselrichter-Hersteller einen Kurssprung von 25 Prozent an die Spitze des Nebenwerte-Index SDax . Dagegen büßten Schaeffler 8,4 Prozent ein. Der Auto- und Industriezulieferer war 2024 in die roten Zahlen gerutscht und geht angesichts des schwierigen Umfelds in der Automobilindustrie vorsichtig in das neue Jahr.
Mit Material von dpa-AFX.