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Politiker und Bruchrechnung

Politiker und Bruchrechnung
Bernd Förtsch 31.07.2025, 08:12 Bernd Förtsch

Wir müssen über die Rente reden. Schon seit Jahren. Das System ist kaputt. Jetzt wird debattiert. Aber wieder in den alten, festgefahrenen Bahnen. Und teilweise mit sehr seltsamen Zahlenspielen.

Wirtschaftsministerin Katharina Reiche fällt seit Amtsantritt durch den Verzicht auf Schönsprech auf. Ungewohnt. Lange nicht mehr so gehört. Gespannte Erwartung. Und jetzt das: „Es kann auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen. Wir müssen mehr und länger arbeiten.“ So zitierte sie die Presse. Entschuldigung? Wir können gern über Motivation, Work-Life-Balance und Arbeitszeiten reden. Hierzulande wird im Mittel tatsächlich weniger gearbeitet als im Durchschnitt der OECD-Länder. Hier ist Platz nach oben.

Aber „länger“? Weil 1/3 Rente zu viel ist? Moment: Bis 2031 soll das Renteneintrittsalter in Deutschland ohnehin auf 67 Jahre angehoben werden. Die Ministerin hat jetzt eine weitere Anhebung auf 70 Jahre ins Spiel gebracht. Eine einfache Rechnung: Jemand startet mit 20 ins Berufsleben und arbeitet „nur“ bis 65. Damit er dann noch 1/3 seines „Erwachsenenlebens“ zufrieden in Rente verbringen kann, muss er 87,5 Jahre alt werden. Und zwar gesund und glücklich. Die Realität sieht anders aus. Das Drittel-Argument ist Unfug. Beim Bruchrechnen nicht aufgepasst! Worum geht es denn eigentlich?

Katharina Reiche
Katharina Reiche: Mit ihren aktuellen ­Äußerungen zum ­Thema Lebens­arbeitszeit und ­Rente hat ­sie eine Debatte losgetreten.

Erstens: Das Rentensystem hat schon lange fertig. Der Generationenvertrag funktioniert nicht mehr – und seit mindestens 30 Jahren weiß das auch jeder, der sich nur halbwegs mit der Materie beschäftigt. Eine Lösung war und ist der Kapitalmarkt. Die letzten 30 Jahre hat man verschlafen. Einmal als Staat, der es vollkommen versäumt hat – siehe Norwegen –, einen eigenen Fonds aufzubauen. Und noch einmal als Staat – der es versäumt hat, seinen Bürgern den Weg zum eigenen Vermögensaufbau wenn schon nicht attraktiv, dann doch wenigstens so leicht wie möglich zu machen. Stattdessen werden von SPD, Linken und Co die Börse als Spielcasino verteufelt und unsinnige Ängste geschürt. Unser Ex-Finanzminister Christian Lindner – den ich persönlich kenne und schätze – hatte das Thema einmal ins Spiel gebracht. Viel ist jetzt unter Schwarz-Rot nicht mehr davon übrig. Warum eigentlich nicht?

Zweitens: Zu viele, die arbeiten und Steuern zahlen könnten, kassieren Bürgergeld. Jedem Bedürftigen muss geholfen werden, aber jeder, der arbeiten kann – vom deutschen Arbeitslosen bis zum integrationsbereiten Flüchtling –, soll motiviert werden, das zu tun! Man bedenke: Wir haben beim „Arbeitsamt“ mittlerweile mehr als 100.000 Beamte, die genau dafür bezahlt werden.

Drittens: Stichwort „Beamte“. Eine Beamtenstelle ist nicht produktiv im Sinne der Volkswirtschaft. Die Arbeitsagentur ist so schlecht wie nie im Vermitteln in Arbeit – also in der Erfüllung ihrer Aufgabe –, beschäftigt aber Personal wie ein Großkonzern. Auch die Beamten können und müssen ein Thema sein.

Viertens: Differenzierung. Wer im Büro arbeitet, kann mit 70 noch fit sein. Leistungsfähig. Hoher Erfahrungsschatz. Wertvoll für die Firma. Aber mit 70 auf dem Dach? Im Wald? Beim Fliesenlegen? In Altersheim oder Krankenhaus? Das ist weltfremd!

So viele Menschen wie möglich produktiv in Arbeit, so wenige Leistungsbezieher wie möglich. Den Kapitalmarkt aktiv nutzen, Bürger finanziell bilden. Das wären wichtige Schritte. Unternehmen und deren Arbeitnehmer zahlen Steuern und finanzieren das System. Sie bezahlen für alle anderen mit. Hier muss die Ministerin ansetzen. Vielleicht auch im Bundestag – warum nicht ein Drittel nach Hause schicken? Oder die eintausend Milliarden (eine Billion), die der Steuerzahler pro Jahr dem Staat überweist: vielleicht einfach einmal sinnvoll einsetzen. Was auch immer. Aber nicht immer bei denen noch mehr Belastungen, die den Karren sowieso ziehen. Und bitte nicht mehr Bruchrechnen!

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