Trotz eines Gewinneinbruchs um 86 Prozent überrascht Nike mit besser als erwarteten Zahlen. Umsatz und Gewinn je Aktie liegen über den Prognosen – und die Aktie startet durch: plus zehn Prozent. Konzernchef Elliott Hill sieht Licht am Ende des Turnaround-Tunnels.
Der größte Sportartikelhersteller der Welt hat am Donnerstag seine Zahlen zum vierten Geschäftsquartal veröffentlicht – und dabei die Erwartungen übertroffen. Der Umsatz sank zwar gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent auf 11,10 Milliarden Dollar (Vorjahr: 12,61 Milliarden), lag damit aber klar über den Analystenschätzungen von 10,72 Milliarden Dollar. Noch deutlicher fiel der Gewinnrückgang aus: Der Nettogewinn stürzte von 1,5 Milliarden auf nur noch 211 Millionen Dollar ab – ein Rückgang um satte 86 Prozent. Je Aktie verdiente Nike 14 Cent statt der erwarteten 13 Cent.
Die Aktie reagierte positiv: Während sie nachbörslich zunächst ins Minus rutschte, drehte sie während des Analystencalls deutlich ins Plus und schloss mit einem satten Kursplus von rund zehn Prozent an der Spitze des Dow Jones.
Das Schlimmste scheint überstanden
Besonders belastet wurde das Ergebnis durch hohe Rabatte, Abverkäufe veralteter Lagerbestände und den Rückgang im margenstarken Direktvertrieb. Nike Direct schrumpfte um 14 Prozent, der Onlineabsatz sogar um 26 Prozent. Lichtblick: Die stationären Stores legten leicht um zwei Prozent zu. Auch die Rückkehr zu Großhändlern wie Amazon und Urban Outfitters ist Teil der neuen Strategie. In Nordamerika lagen die Erlöse bei 4,70 Milliarden Dollar – besser als erwartet.
Hinzu kommt eine neue Belastung: Laut Finanzchef Matt Friend werden neue US-Zölle Nike im laufenden Geschäftsjahr rund eine Milliarde Dollar kosten. Dieser „neue und bedeutende“ Kostentreiber soll durch Preisanpassungen, Supply-Chain-Verschiebungen und Kostensenkungen kompensiert werden. Der China-Anteil in der Lieferkette soll von aktuell 16 auf einen hohen einstelligen Prozentsatz sinken.
„Zeit umzublättern“ – Hill stellt Weichen neu
CEO Elliott Hill zeigt sich optimistisch:
Die Ergebnisse von Q4 und FY25 entsprechen nicht dem Nike-Standard. Aber die eingeleiteten ‚Win Now‘-Maßnahmen zeigen Wirkung. Von hier an werden sich die Ergebnisse verbessern.
Künftig will Hill das Unternehmen wieder stärker auf Sport ausrichten – weg von Lifestyle-Produkten, hin zu authentischer Performance. Dafür werden Nike-, Jordan- und Converse-Teams neu strukturiert. Die nächsten Produktlaunches – etwa eine Laufschuhlinie für WNBA-Star A’ja Wilson – sollen alle drei Monate erfolgen.
Gesundschrumpfen mit Plan
Für das laufende Quartal erwartet Nike einen Umsatzrückgang im mittleren einstelligen Bereich – Analysten rechnen mit minus sieben Prozent. Die Bruttomarge soll zwischen 3,5 und 4,25 Prozentpunkte schrumpfen, ein Prozentpunkt davon entfällt auf die neuen Zölle. Trotz des scharfen Rückgangs sieht sich der Konzern auf dem richtigen Weg.
Besonderes Augenmerk gilt dem wichtigen China-Geschäft. Hier lagen die Erlöse mit 1,48 Milliarden Dollar knapp unter den Erwartungen. Hill räumte ein, dass die Marktbedingungen dort schwierig bleiben, versprach aber neue lokale Konzepte und Innovationen.
Nike ist noch nicht zurück in alter Form – aber der Tiefpunkt dürfte erreicht sein. Der neue CEO bringt frischen Schwung und greift zentrale Probleme an: zu viel Lifestyle, zu wenig Sport. Mit neuen Produkten, Partnern und einer klareren Ausrichtung auf den Handel könnte das Comeback gelingen – trotz Zolldruck.
DER AKTIONÄR hatte die Aktie in Ausgabe 21/25 als spekulativen Kauf vorgestellt. Der Hintergrund: Sollte sich der Zollstreit entschärfen, winkt Erholung. Hill treibt die Rückbesinnung auf den Sport entschlossen voran, die neue Strategie setzt auf echte Innovation für Athleten und eine stärkere Präsenz im stationären Handel. Auch das Sneaker-Geschäft bleibt trotz Konkurrenz durch Lululemon und Alo Yoga ein Milliardenmarkt – mit Nike als globaler Nummer 1. Anleger wetten auf den Turnaround. Kursziel: 70 Euro.
27.06.2025, 08:23