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Foto: Oliver Roesler/Lufthansa
26.05.2023 Thorsten Küfner

Lufthansa: Und der Chef will noch mehr...

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Deutsche Lufthansa

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Lufthansa mit dem italienischen Staat die Übernahme eines Minderheitsanteils von 41 Prozent an der Fluggesellschaft ITA Airways vereinbart. Dafür sollen der ITA 325 Millionen Euro Eigenkapital aus Lufthansa-Barmitteln zufließen. Italien verpflichtete sich, weitere 250 Millionen Euro einzubringen.

Man habe zudem Optionen vereinbart, die es Lufthansa ermöglichen, die verbleibenden Anteile an ITA zu einem späteren Zeitpunkt zu übernehmen. Und dies will Lufthansa-Chef Carsten Spohr mittelfristig auch in Angriff nehmen. Der Kaufpreis werde sich dabei nach der Geschäftsentwicklung von ITA Airways richten, teilte das Unternehmen mit. Die Verträge sollten "in Kürze" abgeschlossen werden. In italienischen Medien hatte es am Montag noch geheißen, dass der Staat einen kleinen Anteil von 5 bis 10 Prozent noch länger halten könnte, um weiterhin wichtige Informationen aus erster Hand zu erhalten und Einfluss zu nehmen.

Der Deal steht unter dem Vorbehalt wettbewerbsrechtlicher Prüfungen auf nationaler und europäischer Ebene. Die EU-Wettbewerbshüter dürften insbesondere darauf achten, ob an den Flughäfen in Rom und Mailand Angebotsmonopole entstehen.

Die 2020 gegründete Italia Trasporto Aereo (ITA) hatte im Oktober 2021 den Flugbetrieb der insolventen Vorgängerin Alitalia übernommen, ist allerdings nicht deren Rechtsnachfolgerin. Start- und Landerechte wie auch die Marke Alitalia hat sich die neue Airline allerdings gesichert. Der legendäre Name könnte unter dem neuen Konzerndach möglicherweise schon bald wieder reaktiviert werden.

Als neuer ITA-Chef ist der italophile Lufthansa-Strategiechef Jörg Eberhart im Gespräch, der bereits die in Norditalien aktive Regionaltochter Air Dolomiti geleitet hat. Er soll mit einem weiteren Lufthanseaten in den fünfköpfigen Ita-Verwaltungsrat einziehen.

Im vergangenen Jahr hat ITA Airways bei einem Umsatz von knapp 1,6 Milliarden Euro unter dem Strich einen Verlust von 486 Millionen Euro eingeflogen. Als Grund für die roten Zahlen nannte die Gesellschaft Ende März die Nachwehen der Corona-Pandemie, die gestiegenen Treibstoffkosten infolge des Ukraine-Krieges sowie den schlechten Euro-Dollar-Kurs.

Aktuell hat ITA laut dem Finanzministerium 71 Flugzeuge und soll im laufenden Jahr den Umsatz auf 2,5 Milliarden Euro steigern. Für Ende 2027 werden 94 Flugzeuge und ein Umsatz von 4,1 Milliarden Euro angepeilt. Die Belegschaft soll von aktuell 4.300 auf mehr als 5.500 Beschäftigte steigen.

Win-win-Situation

CEO Spohr sprach von einer Win-Win-Situation für Italien, die ITA und sein Unternehmen. Er will die schlanke Alitalia-Nachfolgerin mit ihrer jungen Flotte über höhere Auslastung, günstigeren Einkauf und bessere Flugkoordination in die Gewinnzone bringen. Er sagte: "Als Teil der Lufthansa-Group-Familie kann ITA sich zu einer nachhaltigen und profitablen Fluggesellschaft weiterentwickeln, die Italien mit Europa und der Welt verbindet."

Nach der kartellrechtlichen Überprüfung könnte der Abschluss der Teilübernahme bereits im Sommer vollzogen werden. Lufthansa will dann die operative Führung bei der dann fünften Netzwerk-Airline des Konzerns übernehmen.

Die Deutsche Lufthansa AG hat bereits die ehemaligen Staats-Fluglinien der Nachbarländer Schweiz, Österreich und Belgien erworben und als eigenständige Marken weitergeführt. Die belgische Sabena-Nachfolgerin Brussels Airlines hatte Lufthansa in zwei Stufen übernommen und zunächst ebenfalls mit einer Minderheit begonnen. Rom soll dabei zum sechsten Drehkreuz des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns Europas werden. Als ein weiteres mögliches Übernahmeziel gilt die portugiesische Tap.

Die Lufthansa will jenseits der Alpen schon seit vielen Jahren Fuß fassen. Ein 2009 gestarteter Versuch unter dem Namen Lufthansa Italia fand schon 2011 sein Ende. Derzeit lockt der Konzern lediglich mit seiner Regionaltochter Air Dolomiti Umsteiger aus dem reichen Norditalien ans Drehkreuz München. Nun erwirbt die Lufthansa mit der ITA Marktanteile in dem von externen Billigfliegern beherrschten Umfeld. Die Italiener erhoffen sich vom Kranich-Konzern mehr wirtschaftliche Sicherheit und eine Aufwertung ihrer Flughäfen. 

Deutsche Lufthansa (WKN: 823212)

Der Deal macht für die Lufthansa Sinn. Die Aussichten für die Kranich-Airline hellen sich ohnehin immer weiter auf. Die Aktie steckt nach dem kräftigen Anstieg ab Herbst noch in einer Konsolidierungsphase fest, gehört aber unbedingt auf die Watchlist!

Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Lufthansa.

Mit Material von dpa-AFX

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