Die Aktie der Kryptobörse Coinbase musste am gestrigen Donnerstag einen herben Dämpfer hinnehmen und fiel um über sieben Prozent. Auslöser waren gleich zwei negative Nachrichten: ein Cyberangriff und das Wiederaufflammen einer SEC-Untersuchung bezüglich alter Nutzerzahlen. Doch führende Analystenhäuser wie Barclays und Oppenheimer winken ab und bezeichnen die Marktreaktion als „überzogen“. Für mutige Anleger könnte sich hier eine Einstiegschance bieten.
Zum einen meldete Coinbase ein Datenleck, der durch Social Engineering bei Kundendienstmitarbeitern verursacht wurde. Später wurde dann auch noch bekannt, dass die US-Börsenaufsicht SEC eine bereits länger laufende Untersuchung wieder intensiviert hat.
Alte SEC-Sonde der Biden-Administration gestartet?
Die SEC-Untersuchung bezieht sich auf die im Börsenprospekt (S-1 Filing) von 2021 genannte Zahl von 100 Millionen „verifizierten Nutzern“. Coinbase hat die Meldung dieser Kennzahl bereits vor über zwei Jahren eingestellt. Analysten gehen davon aus, dass die Untersuchung bereits unter der Biden-Administration eingeleitet wurde und nun unter der neuen Regierung von Präsident Donald Trump weiterläuft. Paul Grewal, Chief Legal Officer bei Coinbase, betonte, die Untersuchung solle nicht in die Länge gezogen werden und stehe nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Unternehmensleistung.
Analysten: Keine Panik
Barclays ist der Ansicht, der Markt preise hier zu viel Risiko ein. Die Reaktion sei „etwas überzogen“. Entscheidend sei, so die Experten, dass der Cyberangriff auf bestochene Kundendienstagenten zurückzuführen sei und nicht auf eine Schwachstelle in der Blockchain-Sicherheit. Laut Coinbase-Blogpost wurden Agenten im Ausland bestochen, um Kundendaten – darunter Namen, Adressen und maskierte Sozialversicherungsnummern – preiszugeben. Diese Daten nutzten Betrüger dann, um Nutzer zur Überweisung von Krypto-Assets zu bewegen.
Coinbase lehnte die Lösegeldforderung der Hacker in Höhe von 20 Millionen Dollar ab. Das Unternehmen drehte den Spieß stattdessen um und setzte ein Kopfgeld in gleicher Höhe auf die Ergreifung der Täter aus. Weniger als ein Prozent der handelnden Nutzer seien betroffen, und es sei kein direkter Zugriff auf Passwörter, private Schlüssel oder Kundengelder erfolgt. Die Kosten für Entschädigungen, Rechtskosten und dem Kopfgeldprogramm schätzt Coinbase auf 180 bis 400 Millionen Dollar.
Oppenheimer teilt die Einschätzung von Barclays. Obwohl der Vorfall dem Ruf des Unternehmens schade, scheine er isoliert und kein Hinweis auf ein breiteres systemisches Risiko zu sein. Die aktuelle Kursschwäche wurde von Oppenheimer als „Kaufgelegenheit“ bezeichnet und das „Outperform“-Rating bestätigt.
Mark Palmer, Analyst bei Benchmark, spielte die langfristige Bedeutung des Hacks ebenfalls herunter und wertet ihn als „gezielten Einzelfall“, nicht als Beweis für tiefere Sicherheitsprobleme. Die Angreifer hätten sich Zugang über bestochene externe Kundendienstmitarbeiter verschafft, nicht über die Kernsysteme von Coinbase. Auch die SEC-Untersuchung sei „kaum mehr als Lärm“. Palmer bleibt bullish und erhöhte sein Kursziel für Coinbase von 252 auf 301 Dollar.
Kursrally machte anfällig
Dieser doppelte Negativschlag trifft Coinbase nur wenige Tage, nachdem die Aktie aufgrund der Nachricht über die Aufnahme in den S&P 500 stark zugelegt hatte. Dies könnte die Aktie anfällig für einen Rücksetzer gemacht haben, so Barclays in einer Kundennotiz. Anleger reagierten möglicherweise nicht nur auf die Nachrichten selbst, sondern auch auf den rasanten Anstieg der Aktie in den letzten Tagen.
Die jüngsten Nachrichten haben bei Coinbase kurzfristig für erhebliche Unruhe gesorgt. Der Cyberangriff ist ärgerlich und kostspielig, scheint aber beherrschbar und nicht auf fundamentale Sicherheitsprobleme zurückzuführen zu sein. Die SEC-Untersuchung dürfte ebenfalls überschaubare Auswirkungen haben. Die Aufnahme in den S&P 500 und die optimistischen Analystenkommentare, insbesondere das erhöhte Kursziel von Benchmark, stützen die langfristige Story. Investierte Anleger bleiben an Bord.
16.05.2025, 14:57