Nach dem Doppel-Schock in der vergangenen Woche (DER AKTIONÄR berichtete) sieht sich Coinbase nun mit einer Klagewelle konfrontiert. Noch in der Vorwoche wurden mindestens sechs Klagen gegen das Unternehmen eingereicht, nachdem bekannt geworden war, dass Support-Mitarbeiter bestochen wurden, um sensible Nutzerdaten preiszugeben.
Wie Coinbase in der vergangenen Woche mitteilte, haben Cyberkriminelle mehrere Kundendienstmitarbeiter des Unternehmens bestochen, um sich Zugang zu internen Systemen zu verschaffen. Ihr Ziel war es, Nutzerkontodaten zu entwenden. Anschließend versuchten die Täter, Coinbase um 20 Millionen Dollar zu erpressen. Das Unternehmen lehnte die Forderung nach eigenen Angaben jedoch ab.
Schwere Vorwürfe gegen Coinbase
Die Reaktion der betroffenen Nutzer ließ nicht lange auf sich warten. Zwischen dem 15. und 16. Mai wurden mindestens sechs Klagen eingereicht. Der Tenor ist eindeutig: Coinbase habe es versäumt, strenge Sicherheitsprotokolle zum Schutz der Nutzerdaten aufrechtzuerhalten und habe auf das Datenleck mangelhaft reagiert.
In einer der Klagen, eingereicht am 16. Mai vor einem Bundesgericht in New York, argumentiert Kläger Paul Bender, Coinbase habe es unterlassen, „angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu implementieren und aufrechtzuerhalten“. Dies habe die Nutzer „ernsthaften und andauernden Risiken“ ausgesetzt. Die Reaktion des Unternehmens auf den Vorfall wird als „unzureichend, fragmentiert und verspätet“ kritisiert. Betroffene seien nicht rechtzeitig oder vollständig informiert worden, und Coinbase habe keine sofortigen, wirksamen Schritte zur Schadensbegrenzung unternommen. Die Kläger befürchten nun eine „substanzielle, unmittelbare und andauernde Bedrohung durch Identitätsdiebstahl und Finanzbetrug“, deren Folgen langfristig oder „potenziell dauerhaft“ sein könnten.
Zwei weitere Klagen in New York erheben ähnliche Vorwürfe. Eine vierte Klage fügt den Vorwurf der ungerechtfertigten Bereicherung hinzu, da Coinbase nicht ausreichend in Datensicherheitsmaßnahmen investiert habe. Alle vier Klagen fordern Schadensersatz und weitere Maßnahmen zum Schutz der sensiblen Daten der Kläger. Eine fünfte Klage, eingereicht in Kalifornien, fordert unter anderem die Löschung aller sensiblen Daten der Kläger durch Coinbase sowie die Beauftragung externer Sicherheitsprüfer zur Überprüfung der Systeme.
Entschädigungen bereits geplant
Ein Sprecher von Coinbase lehnte eine Stellungnahme zu den laufenden Klagen ab und verwies stattdessen auf einen Blogbeitrag des Unternehmens zu den Datenlecks. Coinbase hat angekündigt, Nutzer entschädigen zu wollen, die aufgrund des Datenlecks durch Phishing-Angriffe Kryptowährungen an Betrüger geschickt haben. In einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC schätzt die Börse die Kosten für diese Entschädigungen auf 180 bis 400 Millionen Dollar.
Zudem wurde bekannt, dass Coinbase eine Gruppe von Kundendienstmitarbeitern in Indien entlassen hat, die mutmaßlich in die Social-Engineering-Angriffe auf Nutzer verwickelt waren.
Auch wenn der Datenskandal bei Coinbase ärgerlich ist und kurzfristig Fragen zur Sicherheit aufwirft, zeigt die schnelle und deutliche Erholung der Aktie nach dem anfänglichen Rückgang, dass der Markt die langfristigen Perspektiven von Coinbase höher gewichtet. Die bereits kommunizierten Rückstellungen für Entschädigungen in Höhe von 180 bis 400 Millionen Dollar dürften zudem mögliche finanzielle Belastungen durch Klagen bereits berücksichtigt haben, weshalb sie keine weiteren Auswirkungen haben dürften. Investierte Anleger bleiben an Bord.