DER AKTIONÄR – Unsere App
25.06.2025, 15:02
Die Nachrichtenlage um den chinesischen Elektroauto-Giganten BYD verdüstert sich. Der Konzern, der jüngst noch stolz Tesla als weltweiten Marktführer bei E-Autos abgelöst hatte, tritt nun offenbar massiv auf die Bremse. Berichten zufolge werden Schichten gestrichen, Werkserweiterungen auf Eis gelegt und die Lagerbestände erreichen besorgniserregende Rekordhöhen.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters exklusiv unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen meldet, hat BYD die Produktionsgeschwindigkeit deutlich reduziert und den Ausbau seiner Fertigungskapazitäten an mehreren Standorten in China vorerst gestoppt.
In mindestens vier Fabriken sollen Nachtschichten gestrichen und die Produktion um rund ein Drittel gekappt worden sein. Auch geplante neue Produktionslinien lägen demnach vorerst auf Eis. Eine offizielle Stellungnahme des Unternehmens steht bislang aus. Während eine Quelle Kosteneinsparungen als Motiv nennt, spricht eine andere Klartext: verfehlte Verkaufsziele seien der Hauptgrund für die drastischen Maßnahmen.
Noch im Vorjahr hatte BYD weltweit beeindruckende 4,27 Millionen Fahrzeuge verkauft, der Löwenanteil davon im Heimatmarkt China. Für 2025 hatte sich der Konzern ein weiteres Wachstum auf ambitionierte 5,5 Millionen Fahrzeuge vorgenommen.
Die Zahlen des chinesischen Branchenverbands CAAM sprechen eine deutliche Sprache und bestätigen die Wachstumsabkühlung: Lag der Produktionszuwachs im April noch bei 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, so waren es im Mai nur noch mickrige 0,2 Prozent. Das ist der schwächste Wert seit Februar 2024. Im Vergleich zum starken vierten Quartal 2024 ist die durchschnittliche Produktion im April und Mai sogar um satte 29 Prozent gesunken.
Preiskampf frisst Margen – Händler kapitulieren
Hintergrund dieser dramatischen Entwicklung ist ein beinharter Preiskampf auf dem chinesischen Heimatmarkt. BYD selbst hatte die Spirale mit angeheizt und jüngst den Einstiegspreis für sein günstigstes Modell auf nur noch 55.800 Yuan (umgerechnet etwa 7.800 Dollar) gesenkt. Die Quittung folgt auf dem Fuße: Eine Händlerumfrage im Mai offenbarte durchschnittliche Lagerbestände bei BYD für sage und schreibe 3,21 Monate – der höchste Wert unter allen Marken. Zum Vergleich: Der Branchenschnitt liegt bei lediglich 1,38 Monaten. Die Fahrzeuge werden zu Ladenhütern.
Die Auswirkungen sind bereits spürbar: Ein großer BYD-Händler in der Provinz Shandong soll Medienberichten zufolge bereits das Handtuch geworfen und mehr als 20 Filialen geschlossen oder aufgegeben haben. Die chinesische Händlervereinigung schlug Anfang Juni Alarm und forderte die Hersteller eindringlich auf, ihre Lieferungen zu drosseln und realistischere Produktionsziele zu setzen, um eine völlige Marktsättigung zu vermeiden.
Exportoffensive als letzter Strohhalm?
BYD versucht zwar, mit einer verstärkten Exportstrategie gegenzusteuern. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 wurden rund 1,76 Millionen Fahrzeuge verkauft, davon etwa 20 Prozent im Ausland. Doch diese Offensive wird kaum ausreichen, um die heimischen Probleme zu kompensieren.
Auch wenn die Ladenhüter kurzfristig das Unternehmensergebnis belasten könnten, dürfte BYD dank seiner Größe, der damit verbundenen Skaleneffekte und der Wertschöpfungskette langfristig als Gewinner auf dem E-Auto-Markt hervorgehen. Anleger bleiben an Bord.
Sofortkauf