Microsoft hat Durst. Einen gewaltigen Durst nach Rechenleistung für künstliche Intelligenz, den selbst die eigene, riesige Azure-Cloud nicht mehr stillen kann. Jetzt greift der Tech-Gigant zu drastischen Mitteln: Ein 9,7-Milliarden-Dollar-Pakt mit dem australischen Bitcoin-Miner IREN soll den Engpass lindern.
Über fünf Jahre sichert sich Microsoft Zugriff auf IRENs KI-Rechenkapazitäten in Texas, die mit Nvidias neuester GB300-Architektur ausgestattet werden. Allein die dafür nötige Hardware – GPUs und zugehöriges Equipment – lässt sich IREN 5,8 Milliarden Dollar kosten und wird von Dell Technologies geliefert. Für das australische Unternehmen ist es der Deal des Jahrzehnts. Nach vollständiger Implementierung soll die Vereinbarung einen annualisierten Umsatz von fast zwei Milliarden Dollar in die Kassen spülen.
Die Schattenflotte der „Neoclouds“
Der Grund für diesen ungewöhnlichen Pakt liegt in der schieren Not der Tech-Giganten. Microsoft, Meta und Co kämpfen um jede verfügbare GPU, um ihre KI-Modelle zu trainieren und zu betreiben. In diese Lücke stößt eine neue Garde von Spezialanbietern, sogenannte „Neoclouds“ wie IREN, CoreWeave oder Crusoe. Viele dieser neuen Player haben ihre Wurzeln im Krypto-Mining – und ihre Rechenzentren nun für die KI-Goldgräberstimmung umgerüstet.
Für IREN-CEO Daniel Roberts ist der Deal die logische Konsequenz. „Wir haben die großen Hyperscaler immer als natürliche Partner gesehen“, so Roberts. „Diese Gespräche haben sich beschleunigt, als sowohl ihr Rechenbedarf als auch unsere KI-Cloud-Fähigkeiten gewachsen sind.“
Börse feiert den Profiteur, zuckt aber beim Giganten mit den Schultern
Entsprechend euphorisch reagierte die Börse – zumindest bei den direkten Profiteuren. Die an der NASDAQ gehandelte IREN-Aktie, die in diesem Jahr bereits um über 500 Prozent zugelegt hatte, schoss im vorbörslichen Handel um weitere 28 Prozent in die Höhe. Auch Dell als Hardware-Lieferant profitierte mit einem Plus von vier Prozent.
Und Microsoft? Die Aktie des Giganten zeigte sich von der milliardenschweren Investition nahezu unbeeindruckt. Ein klares Signal des Marktes: Für den Konzern aus Redmond ist der Deal kein strategischer Geniestreich, sondern eine teure Notwendigkeit, um im unerbittlichen KI-Wettrennen nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Selbst ein Gigant wie Microsoft kann den physischen Aufbau der KI-Infrastruktur nicht mehr allein stemmen. Während sich der Konzern auf die gewinnträchtige Software- und Service-Ebene konzentriert, überlässt er das kapitalintensive und riskante Geschäft des Infrastrukturaufbaus agilen Spezialisten. Anleger bleiben bei Microsoft daher weiter an Bord.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Microsoft.
03.11.2025, 14:15