Donald Trump ist als „Krypto-Präsident“ angetreten und diesem Ruf bislang auch schon gerecht geworden, doch durch die neuerliche Eskalation im Handelsstreit mit China hat er Bitcoin und Co einen ordentlichen Bärendienst erwiesen. Nach Handelsschluss an der Wall Street ging die Talfahrt am Kryptomarkt in der Nacht auf Samstag weiter – und erreichte sogar eine historische Dimension.
Mit der Drohung, geplante Gespräche mit Chinas Staatschef Xi Jinping platzen zu lassen, hat Trump am Freitag Sorgen vor einer erneuten Eskalation des Handelskonflikts geweckt – und viele Marktteilnehmer damit auf dem falschen Fuß erwischt. In der Nacht legte er dann bei Truth Social nach und stellte Zölle in Höhe von 100 Prozent auf chinesische Importe in Aussicht, die ab 1. November zusätzlich zu bereits bestehenden Einfuhrzöllen erhoben werden sollen. Am Kryptomarkt brachen daraufhin alle Dämme.
Nach Daten von coinmarketcap.com sackte der Bitcoin gegen Mitternacht deutscher Zeit kurz bis auf 104.582 Dollar ab – der tiefste Stand seit Ende Juni, als er unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 Dollar gerutscht war. Auf den nächtlichen Flash-Crash folgte zwar ein zügiger Rebound. Am Samstagmorgen notierte der Bitcoin-Kurs auf 24-Stunden-Sicht aber noch mehr als sieben Prozent tiefer bei 112.747 Dollar. Der Abstand zum Rekordhoch vom Wochenanfang ist dadurch auf rund zwölf Prozent gewachsen.
Viele große Altcoins hat der plötzliche Sell-off sogar noch deutlich schlimmer erwischt als die digitale Leitwährung. Die kumulierte Marktkapitalisierung aller Coins und Token ist auf 24-Stunden-Sicht um 9,5 Prozent auf 3,75 Billionen Dollar zurückgegangen.
Der Kurs von XRP ist dabei zeitweise um mehr als 40 Prozent auf 1,53 Dollar eingebrochen – laut dem Branchenportal CoinDesk der größte Tagesverlust der vergangenen Jahre. Zwar konnte sich der Kurs auch hier zwischenzeitlich wieder nach oben absetzen, auf 24-Stunden-Sicht stand aber trotzdem noch ein Minus von rund 13 Prozent unter dem Strich.
Noch schwächer standen in den Top 10 nach Marktkapitalisierung am Samstagmorgen Dogecoin (-22 Prozent), Cardano (-20 Prozent) und Solana (-16 Prozent) da. Auch andere Top-Coins wie Ethereum und BNB gaben auf 24-Stunden-Sicht prozentual zweistellig nach. Am stabilsten hielt sich derweil TRON mit einem Minus von rund fünf Prozent.
Rekord bei Zwangsliquidationen
Zusätzlich verschärft wurde der Verkaufsdruck am Kryptomarkt durch die massenhafte Liquidation gehebelter Positionen, da der plötzliche Stimmungsumschwung viele Trader eiskalt erwischt hat. Nach Daten von coinglass.com wurden in den letzten 24 Stunden gehebelte Positionen im Volumen von 19,2 Milliarden Dollar liquidiert, der Großteil davon Wetten auf weiter steigende Kurse.
Krypto-Kommentator Ash Crypto setzte das bei X ins Verhältnis zu früheren Marktschocks wie dem Covid-Crash sowie der Pleite der Kryptobörse FTX und sprach von der „größten Liquidierung in der Geschichte der Kryptowährungen“. Das stimmt allerdings nur beim Blick auf das absolute Volumen. Da der Kryptomarkt seit den früheren Crashs massiv gewachsen ist, fallen die jüngsten Liquidationen prozentual betrachtet weitaus weniger stark ins Gewicht.
Covid crash: $1.2 Billion in liquidations
— Ash Crypto (@Ashcryptoreal) October 11, 2025
FTX crash: $1.6 Billion in liquidations
Today: $19.16 Billion in liquidations
This is Biggest liquidation event in history of crypto and almost 20x bigger than the Covid crash of March 2020. pic.twitter.com/avCSRK3l53
Plötzlich „Angst“ am Kryptomarkt
Dennoch: Die Stimmung unter den Marktteilnehmern hat sich über Nacht massiv eingetrübt. Hatte der Fear & Greed Index für den Kryptomarkt am Vortag mit 64 Zählern noch „Gier“ angezeigt, ist das Stimmungsbarometer am Samstag bis auf 27 Punkte abgesackt und signalisiert damit nun „Angst“. Das Sentiment ist damit aktuell so schlecht wie seit April nicht mehr.
Bitcoin und Co werden rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche gehandelt und fungieren wie eine Art Frühwarnsystem für die übrigen Märkte. Kurzfristige Entwicklungen schlagen hier sofort auf die Kurse durch. Zwar sind Kryptowährungen nicht direkt von Zöllen betroffen, eine nachhaltige Verschlechterung der Marktstimmung und eine schwindende Risikobereitschaft können sich aber trotzdem negativ auf die Kursentwicklung auswirken.
Möglich ist aber auch, dass Trumps Säbelrasseln für neue Bewegung in den Verhandlungen mit China sorgt und am Ende alles weniger dramatisch ist, als es aktuell scheint. Langfristig orientierte Krypto-Investoren sollten daher einen kühlen Kopf bewahren und dabeibleiben.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Bitcoin, Ethereum.
11.10.2025, 09:30