Der chinesische Elektroauto-Riese BYD hat sich beim Start in Europa übernommen und einige Missgeschicke verursacht, wie Reuters nun unter Berufung auf Insider berichtet. Nach einem holprigen Start mit enttäuschenden Verkaufszahlen und strategischen Fehltritten setzt der Konzern nun auf einen umfassenden Neustart, um seine Position auf dem europäischen Markt entscheidend zu stärken.
BYD, in China unangefochtener Marktführer, unterschätzte bei seinem Europa-Einstieg die Komplexität des Marktes. Lokale Besonderheiten wurden vernachlässigt, das Marketing blieb blass, und die Fokussierung auf reine Elektroautos erwies sich als zu einseitig. Das Resultat: Während BYD in China Rekorde brach, blieb der Erfolg in Europa aus. 2024 lag der Marktanteil bei mageren 2,8 Prozent, mit lediglich 57.000 verkauften Fahrzeugen – in Deutschland sogar nur 2900. Die ambitionierten Ziele von Ex-Europa-Chef Michael Shu, BYD bis 2030 zum führenden E-Auto-Anbieter Europas zu machen, scheinen in weiter Ferne.
Licht am Ende des Tunnels?
In diesem Jahr läuft es allerdings schon etwas besser. Im ersten Quartal 2025 verdreifachte BYD seine Verkäufe in Europa auf über 37.000 Fahrzeuge, insbesondere in Großbritannien und Südeuropa. Ein zentraler Baustein der Strategie ist der Ausbau des Händlernetzes. In Deutschland soll die Zahl der Standorte von derzeit 27 auf 120 steigen, um auch ländliche Regionen besser zu erschließen. Bisher konzentrierten sich die Verkaufsstellen zu stark auf Metropolen, was die Reichweite begrenzte.
Strategiewechsel mit erfahrenen Köpfen
BYD zieht nun die Reißleine. Der Konzern holte sich prominente Verstärkung aus der europäischen Autoindustrie, insbesondere von Stellantis. Maria Grazia Davino übernimmt das Deutschland-Geschäft, Alessandro Grosso ist für Italien zuständig und Alberto De Aza leitet die Geschäfte in Spanien. Ein Stellantis-Insider kommentierte die Abgänge mit: „Das waren keine Leute, die wir gerne verloren haben.“ An der Spitze der Europastrategie steht nun schon seit längerem Stella Li, zuvor globale Nummer zwei im Konzern, die Michael Shu ablöst.
Ein weiterer Schachzug war die Verpflichtung von Alfredo Altavilla, einem ehemaligen Fiat-Chrysler-Manager, als Berater. Altavilla erkannte schnell, dass reine Elektroautos in vielen europäischen Märkten auf Skepsis stoßen, da die Infrastruktur und Kundenpräferenzen oft noch auf Verbrenner ausgerichtet sind. Seine Empfehlung: Plug-in-Hybride als Brückentechnologie. BYD reagierte prompt und plant, künftig alle Modelle sowohl als Elektro- als auch als Hybridvariante anzubieten. „Eine schrittweise Umstellung ist nötig, ebenso wie die Aufklärung der Kunden“, betonte Altavilla auf einer Veranstaltung in Italien.
Mit einer angepassten Modellpalette, einem gestärkten Management und einer dichteren Händlerstruktur legt BYD den Grundstein für einen erfolgreichen zweiten Anlauf in Europa. Die jüngsten Zahlen deuten darauf hin, dass der Konzern auf dem richtigen Weg ist. Dennoch bleibt der Wettbewerb hart – etablierte Hersteller wie Volkswagen oder Tesla schlafen nicht. Anleger bleiben weiter an Bord.