Fintech ist in aller Munde. Wir verändert sich die Finanzbranche und wer sind die Gewinner. DER AKTIONÄR hat im Rahmen des „Fintech Special“ mit Roman Beck gesprochen. Beck ist Professor an der IT-Universität in Kopenhagen. Seine Forschung befasst sich mit dem Design, Management und Sourcing von IT-basierten Dienstleistungen mit speziellem Fokus auf Datenanalyse in sozialen Medien, Finanzdatenmanagement, kryptografischen Wirtschaftssystemen und der Digitalisierung des Finanzdienstleistungssektors.
Herr Professor Beck, der Siegeszug von Fintech scheint unaufhaltsam. Was bringt die Zukunft für klassische Banken?
Roman beck: Banken müssen sich darauf einstellen, dass sich die Geschäftsmodelle grundlegend ändern. Die Stelle eines Bankfilialmitarbeiters etwa wird aussterben.
Welche Aufgaben werden Menschen bei der Bank künftig stattdessen erledigen?
Bankgeschäftsmodelle der Zukunft sind smarte Bezahlmethoden, wenn etwa ein Kühlschrank direkt Essen bestellt. Gerade ist die erste Ladung Baumwolle zwischen den USA und China per Blockchain abgewickelt worden. Mitarbeiter von morgen müssen also auch Wissen über die Data-Analyse und Informatik mitbringen.
Der Technologie hinter der Kryptowährung Bitcoin – der Blockchain – wird besonders großes Potenzial nachgesagt. Sind die deutschen Banken auf das Aufkommen dieser Technologie vorbereitet?
Die Blockchain kommt nicht – sie ist schon da. Jens Weidmann hat Kryptowährungen mit Regenschirmen für Schuhe verglichen – also Innovationen, die sich nie durchgesetzt haben –, was anwesende Frankfurter Banker zustimmend belacht haben. Doch solche Verniedlichungen sind gefährlich.
Sehen Sie keine Aufbruchstimmung in Frankfurt, etwa durch den Brexit, wie es vielfach suggeriert wird?
Absolut nein. Der Abwärtstrend der Finanzinstitute im Rhein-Main-Gebiet hat sich sogar noch beschleunigt. Talente zieht es nach London. Der Turnaround wird schwer und nur durch die Besinnung auf alte Kaufmannstugenden gelingen. Doch die Zeit wird knapp. Andere Finanzmetropolen wie London, Stockholm, Luxemburg und ja, auch Kopenhagen, sind beim Zukunftsthema Fintech beherzter und schneller. Nur durch das Kopieren von Geschäftsideen aus den USA und ohne intelligente IT-Logik wird der Karren nicht aus dem Dreck gezogen. Selbst für Industrie 4.0 wird das Betriebssystem auf Blockchain basieren.
Können Sie eine Anwendung nennen?
Ein Beispiel ist eine Drohne, die zu einem Haus ans Fenster fliegt und die Päckchen beim Kunden abgibt. Solche Lösungen werden durch die Blockchain abgesichert.
Hierzulande fehlt für solche Innovationen das Outside-the-Box-Denken. Deutschland hat hier den Knall nicht gehört.
Noch ist für den Privatkunden gerade im Bereich Finanzdienstleistung wenig von der Blockchain zu sehen ...
Schon jetzt werden bestehende Systeme „blockchainisiert“. Die Deutsche Bank prüft gerade, interne Prozesse durch die Blockchain zu vereinfachen und zu beschleunigen. Doch in zwei oder drei Jahren erwarte ich einen Uber-Moment im Bereich Blockchain – also die Lösung eines Problems, welche erst durch die Blockchain möglich wird. Dieser Moment wird schneller kommen, als viele denken. Es wird sich wohl um eine Innovation im Payment-Bereich handeln.
Wird dieser „Uber-Moment“ in Deutschland stattfinden?
Wohl leider nein. Die Liebe zum Papier im Geldbeutel ist gerade in Deutschland sehr ausgeprägt. Dabei wird etwa der 500-Euro-Schein quasi nur für kriminelle Machenschaften benutzt. In Dänemark hingegen benötige ich keine Münzen mehr, selbst meine Dönerbude nimmt kein Bargeld an. Bargeld ist ein Kostenblock und bindet unnötig Ressourcen.
Besonders kritisch wird die Kryptowährung Bitcoin beäugt. Zu Recht?
Der mündige Bürger hat damit endlich eine Wahlmöglichkeit. Denn Bitcoin ist eine Währung, um nicht vertrauenswürdigen Staaten zu entgehen. Durch die extreme Zinspolitik wird der relative Wert des Euro gedrückt. Wir finanzieren permanent die Entschuldung der Staatsdefizite. Besonders die Deutschen haben brav geRiestert und blicken nun bange auf ihre Altersvorsorge. Wir haben eine Geldschwemme von historischem Ausmaß, die vorerst auch nicht gestoppt zu werden scheint.
Kann die EZB die Folgen dieses Experiments überhaupt absehen?
Ich möchte glauben, dass Mario Draghi alles im Griff hat und wir nicht vor einer Hyperinflation stehen. Doch ich habe meine Zweifel. Die Flutung des Marktes mit billigem Geld macht eine Änderung der strukturellen Probleme in den Mittelmeerländern nicht notwendig – sondern verlängert das wirtschaftliche Leiden nur.
Würden Sie derzeit Bank-Aktien kaufen?
(Lacht) Ich würde mich hier und bei Kreditkartenfirmen eher zurückhalten.
Inwieweit kann Fintech helfen, Börsenkurse vorherzusehen?
Sie sehen heute schon in Sekundenbruchteilen Diskussionen auf Twitter, die sich per Robo-Trading in Aktienkursen widerspiegeln. Zwischenzeitlich gibt es immer wieder Systeme, die den Markt tatsächlich temporär schlagen. Doch eine Formel zu finden, die permanent Outperformance erzielt, wird es wohl nie geben.
Autor: Hagstrom, Robert G.
ISBN: 9783864703751
Seiten: 300
Erscheinungsdatum: 15.04.2016
Verlag: Börsenbuchverlag
Art: gebunden/Schutzumschlag
Verfügbarkeit: als Buch und als eBook erhältlich
Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie hier
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