Das Börsenjahr 2004 war ein Lichtblick für leidgeprüfte Investoren. Die Kurse stiegen auf breiter Front, einzelne Papiere erzielten sagenhafte Performances von mehreren hundert Prozent. Diese Entwicklung lockte auch Anleger auf das Parkett zurück, die dem Börsentreiben lange Zeit fern geblieben waren: Die Deutsche Börse verzeichnete 2004 erstmals wieder einen Anstieg des Wertpapierumsatzes.
In den letzten Monaten haben die Anleger die Lust am Zocken neu entdeckt. Können die lange Zeit gebeutelten Onlinebroker von dieser Entwicklung profitieren?
Von Sebastian Grebe
Das Börsenjahr 2004 war ein Lichtblick für leidgeprüfte Investoren. Die Kurse stiegen auf breiter Front, einzelne Papiere erzielten sagenhafte Performances von mehreren hundert Prozent. Diese erfreuliche Entwicklung lockte auch Anleger auf das Parkett zurück, die dem Börsentreiben lange Zeit fern geblieben waren: Die Deutsche Börse verzeichnete nach Jahren erstmals wieder einen Anstieg des Wertpapierumsatzes.
In Zeiten zunehmender Orderaktivität stehen die Banken und Discountbroker als Gewinner fest. Mehr Aufträge bedeuten mehr Provision, mehr Umsatz und mehr Gewinn. Die WestLB prophezeit den Onlinebrokern für die nächsten Jahre rosige Zeiten. Analyst Johannes Thormann rechnet im laufenden Jahr mit einem Anstieg ihrer Kundenzahlen um 25 Prozent auf 4,2 Millionen. Für 2006 erwartet er nochmals einen Zuwachs um rund zehn Prozent auf dann 4,6 Millionen Nutzer. Auch Vorstand Ingo Hillen vom Broker Sino ist optimistisch: "Wir rechnen für das laufende Quartal mit neuen Rekordzahlen bei den Trades."
Die meisten Anbieter verlassen sich nicht mehr alleine auf das Geschäft mit den aktiven Spekulanten. Die Comdirect beispielsweise verzeichnete Ende Januar in Deutschland 621.000 Kunden, das entspricht einem Zuwachs von 30.000 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Depots ging allerdings von 541.000 auf 539.000 zurück. Im Gegenzug wuchs der Bestand an Girokonten von 70.000 auf 90.000 an. Diese Entwicklung - weg vom reinen Broker hin zum diversifizierten Finanzinstitut - ist in weiten Teilen der Branche zu beobachten. Dr. Michael Kläver, Leiter der Unternehmenskommunikation beim Nürnberger Onlinebroker CortalConsors: "Im Markt sind positive Tendenzen erkennbar, die Onlinebroker haben sich neu orientiert und neue Geschäftsfelder gefunden".
Eine völlig andere Strategie fährt das Brokerhaus Sino, das sich ausschließlich auf Heavy-Trader konzentriert. Sino hat nur 340 Kunden, deren Handelsaktivität die von "normalen" Anlegern jedoch bei weitem übertrifft: Einem Or-dervolumen von durchschnittlich 185 Trades pro Monat und Kunde stehen im Rest der Branche Werte von unter eins gegenüber. Vorstand Hillen kann zufrieden sein: "Im Januar haben wir für unsere 340 Kunden knapp ein Siebtel des Ordervolumens der 620.000 Comdirect-Kunden abgewickelt." Insgesamt wurden bei Sino im Januar 63.000 Orders durchgeführt, das entspricht einem Zuwachs von 20 Prozent gegenüber dem Dezember.
Der Wachstumskurs dürfte sich fortsetzen. Hintergrund: Bis dato musste ein Anleger mindestens 25.000 Euro mitbringen, um über Sino handeln zu dürfen, demnächst soll diese Grenze auf 10.000 Euro gesenkt werden. Aktuell rechnet Sino für das laufende Geschäftsjahr 2004/05 mit einem Gewinn vor Steuern zwischen 1,6 und 1,9 Millionen Euro. Die Dividende soll zwischen 0,50 und 0,60 Euro liegen. Solche Perspektiven machen attraktiv: Mehrere Analysten sehen Sino mittlerweile bereits als interessanten Übernahmekandidaten. Der erleichterte Zugang zu einem Account wird bei Sino für steigende Kundenzahlen sorgen. Angesichts des kleinen Kundenstamms sollte dies einen massiven Effekt auf die Unternehmenszahlen haben. Eine mögliche Dividendenrendite von rund sechs Prozent und die Möglichkeit einer Übernahme sind weitere Kaufargumente.
Spekulationen um eine Übernahme spielen auch bei der DAB Bank eine wichtige Rolle. Zudem überzeugt sie sowohl durch ein sehr aussichtsreiches Chartbild als auch durch ihre vergleichsweise günstige Bewertung. Als interessiert an der 1994 gegründeten HVB-Tochter gilt vor allem die Comdirect. Deren Vorstandsvorsitzender Dr. Andre Carls erklärte jüngst, er wolle alle sich bietenden Gelegenheiten zur Expansion nutzen. Aber auch dem französischen Anbieter Boursorama (Fimatex) werden Ambitionen nachgesagt. Für das laufende Geschäftsjahr 2005 erwarten die Analysten einen Gewinn pro Aktie von 0,28 Euro, woraus sich ein KGV von 22 ergibt. Zum Vergleich: Die Comdirect ist aktuell mit dem 38-fachen ihres für 2005 erwarteten Gewinns bewertet.
Fazit: Spekulative Anleger greifen bei der DAB-Bank-Aktie auf aktuellem Niveau zu. Sie setzen damit auf ein günstig bewertetes Unternehmen aus einem (wieder) interessanten Markt und holen sich gleichzeitig einen gehörigen Schuss Übernahmefantasie ins Depot.
Firma
|
Kurs
in €
|
Marktkap.
in Mio. €
|
Kundenzahl |
Bewertung pro Kunde in €
|
Orders pro Kunde im Monat
|
---|---|---|---|---|---|
Boursorama
|
6,46
|
441,0
|
228.186
|
44.104
|
1,3
|
Comdirect
|
6,72
|
944,2
|
621.000
|
1.520
|
0,8
|
DAB Bank
|
6,15
|
462,4
|
464.000
|
989
|
0,5
|
E*Trade*
|
13,45
|
4.989,0
|
2.956.090
|
1.688
|
1,0
|
Sino AG
|
9,06
|
15,9
|
340
|
46.706
|
184,7
|
* in US$; Quelle: DER AKTIONÄR
Hinweis: Der Artikel ist in Ausgabe #11/05 von DER AKTIONÄR erschienen.