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08.08.2010 Steffen Eidam

Heiko Thieme: "DAX bis zum Ende des Jahres bei 7.000"

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DAX

Börsen-Visionär Heiko Thieme prophezeit den Aktienmärkten neue Höchststände und erklärt zudem, wie Anleger auch in einer Konsolidierung Geld verdienen können.

Börsenexperte Heiko Thieme erläutert, warum die Kurse schon bald wieder kräftig anziehen dürften und welche Branchen überproportional vom Aufschwung profitieren werden. In einem Interview des Deutschen Anleger Fernsehens DAF, das der aktionär in Auszügen veröffentlicht, findet Thieme zudem deutliche Worte für die Schwäche des Euro.

DER AKTIONÄR: Herr Thieme, auf dem G20-Gipfel in Toronto hat sich relativ wenig bewegt. Mit ihrem Entwurf der Finanzmarktreform scheinen die USA schon einen Schritt weiter als Europa zu sein. Sind die Amerikaner auf dem richtigen Weg?
HEIKO THIEME: Ja, weil Sie aus den Exzessen gelernt haben. Traditionell konnten sich die US-Banken bis zum 15-Fachen verschulden. Dass die Institute später bis zum 40-Fachen der Kundeneinlagen spekulieren konnten, war unseriös und glich einer Spielbank­men­talität. Der Nor­­­malverbraucher er­wartet von seiner Bank Sicherheiten. Die Verschuldungskomponente musste abgebaut und den Instituten ein Riegel vorgeschoben werden. Ganz ohne Spekulation geht es natürlich nicht. Das Kompromisspaket verdient in meinen Augen eine Note im Bereich von 3 plus oder 2 minus.

In den USA konnte das Bruttoinlandsprodukt die Erwartungen nicht erfüllen. Wie steht es um die US-Wirtschaft?
Vor einem Jahr habe ich gesagt, dass ein neuer Aufschwung einsetzen wird. Das ist genau zur Jahresmitte geschehen - ich fühle mich daher in meiner Einschätzung bestätigt. Gleichzeitig sagte ich ein Wachstum im „Schneckentempo" vorher - genauso ist es eingetreten. Wir hatten zwar im vierten Quartal eine Wachstumsrate von fast sechs Prozent, für das erste Quartal wurde dann aber von ursprünglich 3,2 auf 2,7 Prozent reduziert. Wir laufen etwas langsamer als erwünscht, weil 70 Prozent der amerikanischen Wirtschaft vom privaten Konsum abhängig ist. Die Verbraucher besitzen aber nicht genügend Geld, um der Wirtschaft einen wünschenswerten Wachstumsschub von mindestens 3,0 Prozent zu verleihen. Wir werden in diesem Jahr die 3-Prozent-Marke in den USA nicht überschreiten, in Europa wird es die 2-Prozent-Marke sein. Mit anderen Worten: Amerika wächst schneller als Europa, aber mit gebremstem Schaum.

Das Wachstum in Deutschland ist ebenfalls nicht sehr hoch. Könnte sich das Tempo durch den Sparkurs der Bundesregierung weiter verlangsamen?
Das ist das Negative. Gerade deshalb sorgte jüngst George Soros in Deutschland für Aufsehen, als er sagte: "Bitte spart euch nicht tot." Zu viel Sparen würde jedes Wachstum einschränken. Auf kurze Sicht wäre eine lockere Geldpolitik wichtig. Die Notenbanken müss­ten die Zinsschrauben lockern, um die Wirtschaft anzukurbeln. Anschließend sollte dieses Geld wieder graduell abgeschöpft werden, damit es zu keiner Überhitzung kommt. Unterdessen hat sich die lang anhaltende Angst der Deutschen Bundesbank vor einer Inflation nie bestätigt. Ich habe das Wort Inflation aus meinem Vokabular gestrichen. Damit brauchen wir uns erst in zwei bis drei Jahren befassen. Die aktuelle Teuerungsrate von rund zwei Prozent ist absolut akzeptabel. Hingegen würde eine deflatorische Entwicklung die weitaus größere Gefahr darstellen. Allerdings sehe ich auch hierfür keine Anzeichen. Auf den Punkt gebracht: Nur wenn wir weiter wachsen, werden wir die Krise hinter uns lassen. Wir können uns nicht gesundschrumpfen - das wäre keine echte Alternative.

Von Ihnen soll das Zitat stammen: "Der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst". Ist die Stimmung an den Märkten tatsächlich pessimistisch?
Die Stimmung ist verhalten - und das ist relativ positiv zu interpretieren, wenn man auf das Jahresende schaut. Wir hatten eine überkaufte Marktsituation, nun ist die Korrektur gekommen, die ich seit März angedeutet habe. Korrektur bedeutet, dass der Markt bis zu zehn Prozent zurückkommen müsste, bemessen an der Hausse, die im März vergangenen Jahres ihren Anfang nahm. An der Wall Street ist es noch nie vorgekommen, dass es in einem Zeitraum von 14 Monaten keine Korrektur gab. Deswegen war die Korrektur im Mai abzusehen. Nach einem Rücksetzer von knapp 15 Prozent befinden wir uns nun in einer Konsolidierungsphase - typisch Sommerflaute eben.

Beim Blick auf die Aktienmärkte sticht vor allem die hohe Volatilität heraus. Wird sich dieser Trend im DAX fortsetzen?
Nach einem Anstieg von knapp 80 Prozent in den letzten zwölf Monaten ist es nur allzu verständlich, dass die Märkte eine Pause einlegen. Diese hält noch mindestens bis zum vierten Quartal an. Danach kommt der nächste Aufschwung. Die Börse ist derzeit nicht zu teuer, aber wir müssen uns erst einmal von dem Sprint erholen. Die Märkte haben bereits vieles vorweggenommen. Derzeit sollte man mit einem Gewinn von zehn bis zwanzig Prozent zufrieden sein und das ist mit einzelnen Werten innerhalb weniger Wochen zu erreichen. Ich rate in diesem Fall zum Verkauf der Position, um dann bei einem Rücksetzer wieder einzusteigen. Wer längerfristig denkt, kann hingegen schwache Tage zum Einstieg nutzen und bleibt dann ein bis zwei Jahre dabei. Dann werden wir höhere Kurse sehen.

Welche Branchen stehen im Fokus?
Anleger sollten hinterfragen, was die Wirtschaft antreibt. Und das ist natürlich der technologische Fortschritt. Unter den Technologiewerten würde ich Intel einer SAP vorziehen. Im Computerbereich möchte ich vor Apple warnen, die mittlerweile zum drittgrößten Unternehmen der Welt aufgestiegen sind. Als wir diese vor sieben Jahren zum Kurs von acht bis zehn Dollar empfohlen hatten, wollte sie keiner kaufen. Jetzt bei 270 Dollar sind alle zum Einstieg bereit. Als Anleger sollte man sich etwas antizyklisch verhalten. Daneben ist das Segment Pharmazie total unterbewertet. Hier sollte man den Blick auf deutsche Pharmawerte oder in den USA auf Pfizer richten. Im Energiebereich sehe ich bei den Bohrgesellschaften bald wieder Chancen. Allerdings könnte der Ölpreis noch einmal die 60-Dollar-Marke testen. Demnächst wäre auch der Einstieg in die Solarbranche denkbar, ebenso im US-Bausektor, der im Laufe des Jahres drehen sollte. Mutige bauen schon jetzt in die Schwäche hinein Positionen auf, um in ein bis zwei Jahren vielleicht hundert Prozent zu gewinnen.

Als Wanderer zwischen den Welten können Sie uns sicher sagen, warum die Amerikaner den Euro so schlechtreden.
Auch wir in Deutschland reden von der Euroschwäche - das ist natürlich absolut falsch. Auf dem aktuellen Niveau ist der Euro gerecht bewertet. Wenn er auf 1,20 Dollar oder noch tiefer fällt, dann rate ich zum sofortigen Kauf des Euro. Steigt er auf 1,35 Dollar, werde ich genau das Gegenteil erzählen, denn dann bin ich wieder Dollar-Optimist.
Man sollte nicht vergessen, dass wir derzeit die höchsten Gewinne in der Geschichte der Börse sehen, und das ist noch nicht in den Märkten eingepreist. Der DAX kann meiner Ansicht nach bis Ende des Jahres auf 7.000 Punkte laufen, der Dow Jones auf bis zu 12.000 Punkte. Das sind meine Höchstgrenzen für dieses Jahr, im nächsten Jahr geht es weiter. Bis zur Hälfte des Jahrzehnts werden wir neue Höchststände sowohl in Deutschland als auch in den USA sehen. Also insgesamt sage ich tatsächlich, der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst.

Vielen Dank für das Interview.

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