Während sich bei der Krankenversicherung ein gigantisches Loch auftut, streiten Politiker und Experten um Zuständigkeiten, neue Geldquellen und Einsparungen. Dabei kommt die Idee einer echten Strukturreform leider zu kurz.
Es ist gefühlt eine Nebensache. Deutschlands Titelseiten sind eher bei Donald Trump oder dem Wahldebakel rund um unser Verfassungsgericht. Irgendwo findet man es dann doch: Den Krankenkassen fehlt Geld. Laut aktueller Prognose beträgt die Lücke rund vierzehn Milliarden Euro – allein für 2025. Beitragserhöhungen inklusive. Was ausbleibt: politische und mediale Empörung auf breiter Front. Was kommt: Vorschläge. Einige. Immerhin.
Die SPD will die Beitragsbemessungsgrenze anheben. Zu Deutsch: höhere KV-Beiträge für Besserverdiener. Leidtragende wären die Arbeitgeber (was bei der SPD keinen wundert) und die gut bezahlten Facharbeiter. Letzteres ist erstaunlich, waren diese doch einmal Kernzielgruppe. An dieser Stelle ein Rat an Herrn Klingbeil und Co: Wenn Sie weiterhin mit den Linken um die Klientel der Transferleistungsbezieher konkurrieren, dann nehmen diese am Ende immer das Original – und die SPD wird einstellig. Nur mal so.
Die CSU will die Anzahl der Krankenkassen reduzieren. Aktuell gibt es 95 davon in Deutschland. Jede mit eigenem Glasbau, eigener Führungsebene, eigener Verwaltung. Vielleicht bedenkenswert. Immerhin findet sich mehr als ein Drittel aller Versicherten bei den drei größten Kassen wieder – nach unten erreicht man schnell Marktanteile von unter einem Prozent. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Verwaltungskosten stehen nur für rund zwei Prozent – an anderer Stelle wäre der Hebel vermutlich größer.
Betrachten wir doch einmal die Ursache des Problems: Es fehlt Geld. Heißt auf Deutsch: Es wird mehr ausgegeben, als eingenommen wird. Eine Frage: Haben Sie das Gefühl, dass die medizinische Versorgung besser geworden ist in letzter Zeit? Kurze Wartezeiten auf Termine, viel entspanntes Personal in den Kliniken und Ärzte, die sich Zeit nehmen (können)? Ich nicht – und Sie bestimmt auch nicht.
Was bleibt noch? Jens Baas, der Chef der Techniker Krankenkasse, sprach neulich einen wichtigen Punkt sehr deutlich an: „Allerdings unterschlagen Sie (er sprach Finanzminister Lars Klingbeil an) das winzige Detail, dass unsere Versicherten und ihre Arbeitgeber jedes Jahr allein schon zehn Milliarden Euro für die Versicherung von Bürgergeld-Empfängern aufbringen müssen! Eine Aufgabe, die unzweifelhaft in Ihr Ressort und von Steuern finanziert gehört.“ Wenn man sich dieser Analyse anschließt, dann bedeutet das, dass einmal mehr diejenigen, die leisten, die arbeiten und die Steuern (und KV-Beiträge) zahlen noch einmal zusätzlich belastet werden sollen, weil das System, das mit ihrem Geld die finanziert, die nicht arbeiten und keine Steuern zahlen, so ineffizient ist, dass das Geld nicht reicht.
Damit wir uns richtig verstehen: Die soziale Marktwirtschaft und die Solidargemeinschaft sind großartige und wichtige Errungenschaften! Es entsteht nur derzeit viel zu oft der Eindruck, dass der Staat mit Geld schlicht und einfach nicht umgehen kann. Und noch viel schlimmer: dass er sich beharrlich weigert, zu sparen oder gar zu reformieren. Sondern dass er immer und immer wieder auf die gleiche und vermeintlich einfache Lösung kommt: sich noch mehr Geld von denen zu besorgen, die ihn ohnehin schon finanzieren. (Ein Problem übrigens, das durch eine Verschiebung der Ausgaben von den Krankenkassen in die Steuerfinanzierung nicht gelöst wäre.) Genügt eine Reform überhaupt noch? Sind wir ehrlich: Das System ist pleite! An sich hilft nur noch ein Neustart!
17.07.2025, 08:29